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Laut den Erwartungen von Schweizer Notenbank und Finanzexperten sollten Franken-Kredite derzeit nicht in Euro konvertiert werden.

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Zürich/Wien - Nicht nur Fremdwährungsschuldnern in Österreich macht der Schweizer Franken schwer zu schaffen, auch das Wachstum der eidgenössischen Wirtschaft ist komplett zum Erliegen gekommen. Folglich versucht die Schweizerische Nationalbank (SNB) eine weitere Franken-Aufwertung mit verschiedenen geldpolitischen Mitteln zu unterbinden. Die Maßnahmen der eidgenössischen Währungshüter helfen auch jenen österreichischen Haushalten, die mit derzeitig rund 26 Milliarden Euro in Franken verschuldet sind.

Durch die Abkehr des drei Jahre gültigen Mindestkurses von 1,20 Franken je Euro im Jänner war deren Schuldenlast sprunghaft um ein Fünftel in die Höhe geschnellt. Die SNB begründete die Maßnahme mit dem wenige Tage später bekanntgegebenen Anleihenkaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB), mit dem mehr als eine Billion Euro in Umlauf gebracht werden sollte. Ein Festhalten an dem Mindestkurs hätte zu Risiken geführt, die den Nutzen des Mindestkurses überstiegen hätten, erklärte SNB-Vizechef Jean-Pierre Danthine vor kurzem.

Weitere Interventionen

Er stellte jedoch klar, dass die Zentralbank weiterhin am Devisenmarkt einschreiten werde, um eine weitere Aufwertung zu unterbinden. Gleichzeitig versucht die SNB, den Franken durch die Verhängung von Negativzinsen zu schwächen. Aktuell fallen für Guthaben bei der Notenbank Strafzinsen von knapp 0,80 Prozent an, was die Kapitalzuflüsse ins Land bremsen soll. "Im Verlauf der Zeit wird dieser grundlegende Mechanismus dazu beitragen, dass die derzeit beobachtete Überbewertung des Franken korrigiert wird", sagte Danthine.

Gleichzeitig versucht auch die EZB durch die Anleihenkäufe, den Euro zu schwächen, was nicht nur gegenüber dem Franken bisher gelungen ist. Allerdings zeigen Untersuchungen von bereits abgeschlossenen Kaufprogrammen anderer Notenbanken, dass diese an den Finanzmärkten bereits vor dem tatsächlichen Start eingepreist wurden und es bis zu deren Abschluss zu gegenläufigen Bewegungen gekommen ist. Sollte das auch auf das EZB-Programm zutreffen, bedeutet das, dass der Euro bis zum Ende des Anleihenkaufprogramms im September 2016 sogar tendenziell stärker werden sollte.

Zudem zeigen die Konjunkturprognosen für die Eurozone derzeit steil nach oben, während in der Schweiz die Konjunktur im Franken-Schock völlig erstarrt ist. Die sich immer deutlicher abzeichnende Belebung in Euroland zieht auf die Inflations- und Zinsprognosen nach oben, was aufgrund der steigenden Zinsdifferenz bei Staatsanleihen den Aufwertungsdruck drosseln sollte.

"Der Franken ist überbewertet, aber bisher waren die Marktkräfte nicht auszuhebeln", sagt Raiffeisen-Analyst Gottfried Steindl. Dennoch glaubt er, dass der Aufwertungsdruck auf den Franken im Jahresverlauf nachlassen werde. Seine Prognose bis Jahresende lautet daher, dass der Euro auf 1,10 Franken zulegen werde. Sollte sich der Kurs wider Erwarten der Parität annähern, erwartet Steindl ein aggressives Vorgehen der SNB - etwa indem sie die Negativzinsen auf minus ein Prozent weiter absenkt.

Auch bei der Privatbank Pictet hält man den Franken um ungefähr 15 Prozent zu hoch bewertet und sieht keinen Grund für eine weitere Stärke der Schweizer Währung. Angesichts dieser Prognosen wären Franken-Schuldner mit einer Konvertierung in Euro derzeit nicht gut beraten.

Auch für die eidgenössische Konjunktur wäre eine schwächere Währung ein positiver Impuls. Von Jänner bis März schrumpfte die Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent verglichen mit dem Vorquartal, nachdem die Schweiz im Vorjahr noch ein Wachstum von knapp zwei Prozent erzielen konnte. Besserung ist nicht in Sicht, womit den Eidgenossen die erste Rezession, sprich: mindestens zwei Quartale mit negativem Wachstum, seit 2011 ins Haus stehen dürfte.

Rezession kündigt sich an

Der Franken-Schock trifft die Schweiz an mehreren Fronten. Die Exportwirtschaft verliert an Wettbewerbsfähigkeit, da ihre Produkte im Ausland teurer werden. Zudem muss die eidgenössische Binnenwirtschaft mit immer günstigeren Einfuhren konkurrieren. Ähnliches gilt für den Tourismus: Für Ausländer sind Reisen in die ohnedies traditionell hochpreisige Schweiz kaum mehr zu berappen, während Auslandsurlaube für Helvetier wesentlich attraktiver geworden sind. (Alexander Hahn, 29.5.2015)