Wien – Anders als sonst kamen die Regierungsspitzen am Mittwoch nach dem Ministerrat rasch zur strittigsten Sache: Nach tagelangem Aufbegehren schwarzer Länderchefs gegen die geplante Abschaffung des Bankgeheimnisses hielten Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und sein Vize Reinhold Mitterlehner (ÖVP) unmissverständlich fest, dass sie an ihrem Kampf gegen Steuerbetrug festhalten, vereinfachte Kontoeinschau bei Steuerbetrugsverdacht inklusive - auch wenn man in der nunmehrigen Begutachtungsphase bereit sei, noch einen entsprechenden Rechtsschutz auszugestalten.

Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) hatte kurz zuvor schon skizziert, wie die Koalition Willkür der Finanzbeamten bei der erleichterten Kontoeinsicht hintanhalten möchte: mit lückenloser Dokumentation, einem verpflichtenden Vier-Augen-Prinzip sowie einem weisungsunabhängigen Rechtsschutzbeauftragten.

Mitterlehner: Regelung einstimmig beschlossen

Auffallende Einigkeit herrschte zwischen den Koalitionären auch darüber, dass sich nicht Spitzenbeamte des Finanzressorts diese überschießenden Maßnahmen ausgedacht haben, wie zuletzt von ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka angedeutet. Schelling dazu: Seine Beamten befänden sich mitnichten im "Freilauf". Mitterlehner verwies dazu auf einen "einstimmigen Beschluss" des Ministerrats, was die Vorgangsweise anbelangt, um die Steuerreform mit einem härteren Vorgehen gegen Steuerbetrüger gegenzufinanzieren. Als ÖVP-Obmann wies er außerdem parteiinterne Kritiker in die Schranken, die sich für einen richterlichen Beschluss vor Kontenöffnungen starkmachen: "Ich spreche für mich - und habe die Rolle als Parteiobmann, die Ihnen bekannt ist."

Gleichzeitig ließ Mitterlehner durchblicken, dass er von Gerichtsbeschlüssen bei Bedenken gegen die Richtigkeit von Abgabeerklärungen nicht viel halte, weil dies quasi ohnehin schon "Status quo" sei - und eben nicht den internationalen Standards entspreche. Derzeit muss ein Finanzstrafverfahren eingeleitet werden, damit das Bankgeheimnis aufgehoben werden kann. Künftig soll dies im Abgabeverfahren einfacher möglich sein.

Faymann: Konteneinsicht international üblich

Auch Kanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann wollte Leadership in der heiklen Angelegenheit demonstrieren. Den Betrugsbekämpfern gelte es "taugliche Instrumente" an die Hand zu geben – und dazu gehöre es eben, Konteneinsicht "wie international üblich" möglich zu machen. Damit das tatsächlich möglich wird, braucht die Regierung aber die Zustimmung einer Zweidrittelmehrheit im Nationalrat - und damit den Sanktus der Grünen.

Der grüne Abgeordnete Bruno Rossmann stellte am Mittwoch klar, dass seine Partei der Kontoöffnung nur zustimmen werde, wenn das Verfahren deutlich umgestaltet wird. Das vom Finanzminister erwähnte Vier-Augen-Prinzip und die Einsetzung eines Rechtschutzbeauftragten sind aus Sicht der Partei nicht ausreichend. Warum nicht?

Wenn ein Rechtschutzbeauftragter installiert wird, muss dieser Rechtsverstöße selbst bei Gericht geltendmachen. "Es gibt aber keine Garantie, dass er das tut", so Rossmann. Effektiver sei es, einen Senat beim Bundesfinanzgericht einzurichten, an den sich jeder Betroffene wenden kann. Wie ein Verfahren vor diesem Senat aussehen könnte, wollen die Grünen erarbeiten. (Nina Weißensteiner, András Szigetvari, 28.5.2015)