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Unterwegs einmal schnell einen neuen Anzug kaufen oder den Kontostand checken: Jeder zweite Europäer nutzt bereits ein mobiles Banking.

Foto: AP /Junji Kurokawa

Wien - Bezahlen wird immer mobiler. Ob mit der Kreditkarte, kontaktlos oder gleich beim Bestellen von Produkten über die Homepage des Händlers. Das Zahlungsverhalten hat sich mit diesen Angeboten in den vergangenen Jahren massiv verändert. Jeder zweite Europäer (53 Prozent) nutzt bereits ein mobiles Banking. In den USA sind es sogar bereits 63 Prozent. Österreich bewegt sich mit 48 Prozent an Mobile-Banking-Nutzern im Mittelfeld der Mobilitäts- bzw. Digitalskala, 14 Prozent geben hierzulande aber an, ihre Bankgeschäfte innerhalb des nächsten Jahres ebenfalls mittels einer App tätigen zu wollen. Das zeigt der ING-International-Survey, für den von der Direktbank in 15 europäischen Ländern knapp 15.000 Personen ab 18 Jahren befragt wurden.

Neue Entwicklungen

Spannend wird sein, welche neuen Entwicklungen auf Markt und Kunden zukommen. Anbieter wie Apple oder Facebook drängen in den Markt fürs Bezahlen, und in der Gründerszene ist "eine massive Zunahme von Fintech-Start-ups erkennbar", sagt Holger Sachse, Partner & Managing Director bei der Boston Consulting Group Österreich. Eine Zeitlang hätte es hohe Mittelzuflüsse gegeben in alle Projekte, die mit Zahlungsverkehr zu tun haben. Rund 60 Prozent der Venture-Capital-Gelder sind laut Sachse zuletzt in den Bereich Fintech geflossen.

Mittlerweile habe sich das wieder verringert, "weil sich gezeigt hat, dass viele neue Ansätze eine Banklizenz bräuchten und diese zu bekommen ein langer Prozess ist", sagt Sachse. Das gelte vor allem seit der Finanzkrise und für Start-ups ohne Historie.

Große Herausforderung

Den Banken sei die neue Herausforderung bewusst, erste Ansätze der Veränderung gebe es bereits. So habe die MBank in Polen ein Loyalitätsprogramm gestartet, bei dem es je nach Nutzung Produktempfehlungen gebe. In Summe würden die Auswirkungen auf das Geschäft der Banken aber noch unterschätzt, ergänzt Holger Spielberg, Head of Innovation, Digital Private Banking der Credit Suisse. Die Digitalisierung sei nicht nur ein weiterer Kanal für Kundenkontakt, sondern "eine Revolution im Banking".

Die große Gefahr für Banken liege darin, "dass sie den Kontakt zum Endkunden verlieren", so Sachse. Wer die Bankkunden im Jahr 2020 sind und was diese ausmacht, ist laut Spielberg eine zentrale Frage, über die Institute nachdenken müssen. Werde die Unterscheidung zwischen Retail- und Private-Banking-Kunde dann noch sinnvoll sein? Vor allem die "Digital Natives" pflegen laut Spielberg "keine althergebrachten Bankgewohnheiten und empfinden somit kaum eine gewachsene Loyalität gegenüber einer speziellen Bank". Studien zeigten, dass sich nahezu drei Viertel der heutigen Jugendlichen vorstellen können, Bankdienstleistungen eher über Nicht-Banken-Anbieter abzuwickeln. "Diese jungen Kunden haben eine sehr geringe Toleranz für schlechte Services", sagt Spielberg. Alternativen seien für sie einfach zu identifizieren und in das Finanzprofil einzubinden.

Kunden erwarteten zudem einen Zuschnitt auf ihre spezielle Situation, was für Banken die Etablierung neuer Geschäftsmodelle bedeuten sollte. Das könne die Einbindung herkömmlicher Retail-Angebote (wie Zahlungsverkehr oder Ratenkredit) in bankfremde Anwendungen sein bis hin zu per Handy auszuwählenden Krediten beim Wochenendshopping.

Großes Potenzial sieht Sachse auch im Bereich Anlageberatung. In den USA gebe es bereits Ansätze, seine Präferenzen in Apps zu definieren und Produkte gefiltert zu bekommen. Der hohe Aufwand für Beratungen könnte so umgangen werden. "In Summe sind das große Angriffsflächen für Banken" , sagt Sachse. Die Wertschöpfungskette werde sich für die Institute verändern. Banken müssten sich künftig genau überlegen, was der Kunde will und wofür er bereit ist, auch etwas zu zahlen. (Bettina Pfluger, 22.5.2015)