Foto: Yooka Laylee

Die Crowdfunding-Plattform Kickstarter soll es Entwicklern und Erfindern ermöglichen, mithilfe von Konsumenten Projekte zu finanzieren. Davon profitiert haben in den vergangenen Jahren zu einem großen Teil Videospielhersteller, die mitunter Millionenbeträge über Kickstarter-Kampagnen einnehmen konnten. Viele der erfolgreich finanzierten Projekte schaffen es allerdings trotz starker Community nicht, zur Marktreife zu gelangen, und erweisen sich sowohl für Hersteller als auch Unterstützer als Fehlinvestition.

Schuld daran sind oftmals utopische oder zumindest überaus optimistische Kostenaufstellungen und Kampagnenziele, die Konsumenten in die Irre führen. Das behauptet zumindest Gamedesignerin Katie Chironis, die selbst bereits eine erfolgreiche Kickstarter-Kampagne für das PC-Spiel "Elsinore" hinter sich gebracht hat. In einem Beitrag für die Seite "Polygon" warnt sie vor falschen Versprechungen und davor, dass Kampagnen für große Games kleinen Projekten die Finanzierungschance nehmen.

Missbrauch als Marketingwerkzeug

Das größte Problem sei, dass Kickstarter mittlerweile von relativ großen Herstellern dominiert werde, die die Plattform mehr als Marketingwerkzeug denn als primäre Finanzierungsquelle betrachten. Spiele wie "Bloodstained", die tatsächlich ein Millionenbudget benötigen, gehen auf Kickstarter und locken Unterstützer mit moderaten Kampagnenzielen um die 500.000 Dollar an. Wenngleich im Fall von "Bloodstained" von Anfang an erklärt wurde, dass diese Summe lediglich zehn Prozent des Budgets ausmacht und der Rest über andere Investoren besorgt wird, verzerre das bei potenziellen Unterstützern die Vorstellung darüber, wie viel die Entwicklung von Games tatsächlich kostet. Kleine Projekte, die wirklich nur 500.000 Dollar kosten und dementsprechend bescheidenere Ambitionen hegen, hätten es durch solche – vermeintlich ebenso teure – Kolosse schwer, noch Interesse zu erwecken.

Irreführung

Tatsächlich von Irreführung müsste man hingegen sprechen, wenn Hersteller mit absichtlich viel zu niedrig angesetzten Budgets versuchen, Geldgeber anzulocken. Ob das auch bei der sehr erfolgreich gestarteten Kampagne zum spirituellen "Banjo & Kazooie"-Nachfolger "Yooka-Laylee" der Fall war, ist offen. Dass das Budget mit 270.000 Dollar viel zu niedrig angesetzt war, sei jedoch offensichtlich, so Chironis. Wie die Entwickler erklären, müsse das Team auf rund 15 Leute anwachsen, um das Spiel umsetzen zu können. "Das ist eine realistische Einschätzung, aber die Idee, 15 Leute inklusive allen weiteren Kosten mit einem Budget von 270.000 Dollar stemmen zu können, ist absurd", sagt Chironis. Rechne man mit typische Lohnkosten für Entwickler in den USA von 62.000 Dollar pro Jahr und ergänze man dann noch Ausgaben für Infrastruktur, Versicherungen, Lizenzen, Hardware et cetera, müsse man pro Person grob 10.000 Dollar pro Monat einplanen. Bei 15 Mitarbeitern wären das bereits 1,8 Millionen Dollar pro Jahr.

Dieses Geld konnten die Hersteller von "Yooka-Laylee" glücklicherweise bereits in kurzer Zeit aufstellen, aber es sei kaum vorstellbar, dass das Projekt mit dem ursprünglich angesetzten Ziel überleben hätte können. Chironis gibt zudem zu bedenken, dass abseits der Entwicklungskosten noch große Ausgaben für PR und Vermarktung hinzukommen, die bei den wenigsten Kampagnen aufgelistet werden. Marketing könne Budgets schnell einmal verdoppeln.

Verzerrte Erwartungen

Wenn sich ein Fünf-Millionen-Dollar-Spiel wie "Bloodstained" als 500.000-Dollar-Spiel verkleide, verändere das die Erwartungen der Unterstützer auch an tatsächlich kleine Projekte und lasse Unterstützer überdies im Dunkeln darüber, ob eine Umsetzung mit dem angesetzten Budget überhaupt möglich ist. "Transparenz ist essenziell. Wenn Konsumenten nicht wissen, wie viel die Dinge tatsächlich kosten, werden weiterhin Projekte finanziert werden, die mit ihren besagten Budgets nicht annähernd genug Geld aufstellen und schließlich anderswo Geld zusammenbekommen müssen – das genaue Gegenteil dessen, was Kickstarter ursprünglich erreichen wollte." (zw, 21.5.2015)