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Außenminister Sebastian Kurz bei Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi in Kairo.

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Kurz mit Al-Azhar-Scheich Ahmad Al-Tayeb, der der gleichnamigen Al-Azhar Universität vorsteht.

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Kairo/Wien/Berlin – Ägyptens Präsident hat sich bei einem Treffen mit Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) für eine Revolution des Islam im Sinne einer moderaten Auslegung ausgesprochen. Abdel Fattah al-Sisi sei davon überzeugt, dass ein "falsch verstandener Islam" die Basis für den Terror der Jihadistengruppe "Islamischer Staat" (IS) und anderer Extremisten sei, sagte Kurz am Donnerstag dem Treffen mit Sisi in Kairo.

Der Wunsch des autoritären Herrschers nach einer derartigen Revolution im Islam sei "absolut unterstützenswert", erklärte der ÖVP-Politiker. "Wir brauchen ein gutes Miteinander der Religionen hier in der Region, das Zusammenleben der Kopten und der Muslime ist hier im Gegensatz zu vielen anderen Ländern vorbildlich", sagte Kurz. Zudem habe Sisi mit seiner Ansicht, dass ein falsch verstandener Islam die Basis des IS-Terrors sei, "vollkommen recht". Diejenigen, die den Islam für alles zur Verantwortung zögen, "die liegen falsch". Aber diejenigen, die sagten die Religion habe "mit alldem nichts zu tun", lägen genauso falsch.

Beide seien sich einig gewesen, dass Islamismus die Basis des IS und anderer radikaler Gruppen sei und bekämpfen müsse. Der ägyptische Präsident sei in dieser Frage ein "wichtiger Partner", betonteKurz. Der Kampf gegen IS müsse militärisch, aber auch ideologisch geführt werden. Damit werde nicht nur die von den Extremisten ausgehende Gefahr, sondern auch das Flüchtlingsdrama in der Region eingedämmt.

"Nicht perfekt, aber was ist unsere Alternative?"

Rund um Sisi ist in Deutschland eine Debatte entbrannt, nachdem der deutsche Bundestagspräsident Norbert Lammert ein Treffen mit dem ägyptischen Präsidenten abgesagt hat. Lammert begründete diesen Schritt mit "einer systematische Verfolgung oppositioneller Gruppen mit Massenverhaftungen, Verurteilungen zu langjährigen Haftstrafen und einer unfassbaren Anzahl von Todesurteilen".

Kurz verteidigte dagegen sein geplantes Treffen mit Sisi: Er halte es in der Frage wie die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, die den ägyptischen Militärherrscher im Juni in Berlin empfangen will, teilte Kurz auf Anfrage der APA mit. Der Außenminister zitierte einen europäischen Amtskollegen mit den Worten: Sisi sei zwar "nicht perfekt, aber was ist unsere Alternative?" Der Amtskollege habe die Überlegungen zu Sisi damit "auf den Punkt" gebracht, so Kurz. Die Muslimbrüder an der Macht wolle man jedenfalls nicht.

Im Gespräch mit Shoukry habe er die Notwendigkeit der Verbesserung der Menschenrechtslage in Ägypten aufs Tapet gebracht, erklärte Kurz. Zudem habe er die grundsätzliche Ablehnung der Todesstrafe vonseiten der EU und Österreich deutlich gemacht.

Außenminister Shoukry verteidigt Todesurteil für Morsi

Außenminister Shoukry seinerseits stellte sich gegen die empörten Reaktionen aus dem Westen, die das am Samstag verkündete Todesurteil für Ex-Präsident Mohammed Morsi ausgelöst hat. "Wir nehmen die Kommentare wahr", sagte er. Aber man wolle "keine Einmischung in innere Angelegenheiten". Die Richter in dem arabischen Land "arbeiten ohne Druck", zudem genössen sie innerhalb der Bevölkerung "Glaubwürdigkeit".

Shoukry warb für eine Kooperation mit Österreich und der EU. Ägypten sei ein Land der "Stabilität" in der Region und wolle im Sinne gemeinsamer Interessen und Herausforderungen seinen "Beitrag leisten". Auch Kurz sprach sich für eine Zusammenarbeit mit Ägypten aus, vor allem im Kampf gegen den IS. Nicht nur sei Ägypten ein "starker Player", sondern auch "ein starker, stabiler Partner" im Kampf gegen die Extremisten, erklärte der ÖVP-Politiker.

Widerlegung von IS-Thesen

Ägypten spiele eine "wesentliche Rolle" bei der Bekämpfung der Extremisten: zum einen aufgrund des militärischen Einsatzes gegen den IS, zum anderen aufgrund der Al-Azhar-Universität in Kairo, die als höchste Lehrinstanz im sunnitischen Islam gilt, erläuterte Kurz im Gespräch mit Journalisten. Der Außenminister traf am Mittwoch auch Al-Azhar-Scheich Ahmad Al-Tayeb, der der Al-Alzhar-Universität vorsteht. Er berichtete von dieser Zusammenkunft, dass in den kommenden Wochen eine Plattform zur Widerlegung der IS-Thesen in mehreren Sprachen - auch in Deutsch - online gehen soll. Eine der Botschaften laute, dass gläubige Muslime niemals derartige jihadistische Verbrechen begehen.

Bei seinem Treffen mit dem koptischen Bischof Moussa habe dieser Kurz gegenüber dargelegt, dass sich die Kopten unter der Regierung von Präsident Sisi "unterstützt und gut aufgehoben" fühlten. Laut Bischof Moussa, im Arabischen Anba Moussa genannt, leben Muslime und Christen in dem arabischen Land nicht nur neben- sondern miteinander, erzählte Kurz.

Außenminister Kurz hat am Mittwoch eine Reise nach Ägypten und Jordanien angetreten. Nach Gesprächen in Kairo mit Religionsführern und politischen Vertretern reist der Außenminister nach dem geplanten Treffen mit Sisi am Donnerstag weiter nach Amman, wo er sich über die Flüchtlingslage informiert. Am Freitag nimmt Kurz am regionalen Wirtschaftsforum am Toten Meer teil, in dessen Rahmen er Jordaniens König Abdullah II. und seinen jordanischen Amtskollegen Nasser Judeh trifft. (APA, 21.5.2015)