Wien/Ried im Innkreis – Der Luftfahrtzulieferer FACC ist in seinem ersten Geschäftsjahr nach dem Börsengang in die roten Zahlen gerutscht. Im Juni 2014 hatte das Unternehmen seinen Aktionären noch eine Dividende von 20 bis 30 Prozent des Gewinns versprochen, nun steht nach Steuern ein Verlust von 9,6 Mio. Euro, wie FACC am Donnerstag mitteilte. Für heuer ist die Dividende erstmals gestrichen.

"Ich glaube nicht, dass wir bei unserem Börsengang zu euphorisch waren", sagte Vorstandschef Walter Stephan bei der Bilanzpressekonferenz. Die Probleme hätten erst danach begonnen. "Wir würden heute wieder alles genauso machen", so Stephan. Ein vorläufiger Umsatzausfall von 34 Mio. Euro hatte FACC Anfang Mai zu einer neuerlichen Gewinnwarnung gezwungen. Die FACC-Aktie hat seit dem Börsengang rund 30 Prozent verloren. Am Donnerstag notierte sie bei 6,61 Euro, der Ausgabepreis lag bei 9,50 Euro je Aktie.

Die Probleme hatten im zweiten Quartal begonnen. Höhere Anlaufkosten bei der Fertigung von neuen Flugzeugteilen sorgten für einen größeren Verlust als von Analysten erwartet. Die FACC-Aktien knickten daraufhin um mehr als neun Prozent ein. Heuer, im Jänner kürzte FACC erstmals seine Gewinnprognose. Statt eines Gewinnanstiegs wurde für das Geschäftsjahr 2014/15 nur noch ein operativer Gewinn von etwas mehr als 30 Mio. Euro erwartet. Geworden ist es nun ein Verlust (Ebit) von 4,5 Mio. Euro, nach einem operativen Gewinn von rund 42 Mio. Euro im Jahr davor. Das Konzerngesamtergebnis war mit 32,2 Mio. Euro tiefrot, nach einem Gewinn von 28 Mio. Euro 2013/14.

Weniger Wachstum

Das zweistellige Umsatzwachstum mit dem FACC an der Börse angetreten war, wird sich im laufenden Geschäftsjahr nicht mehr ausgehen. Es werde sich erst nach einem weiteren Hochlaufen der Serienfertigung einstellen, heißt es im Ausblick. Auch die Margen sollten sich wieder verbessern sowie die Produktionskosten sinken, kündigte Stephan an. Dann will FACC auch sein Dividendenversprechen, 20 bis 30 Prozent des Gewinns auszuschütten, einlösen.

Dass FACCs erstes Jahr an der Börse nicht nach Plan lief, hat aber nichts mit der Auftragslage zu tun. Im Gegenteil: Die beiden großen Flugzeughersteller Boeing und Airbus haben im Vorjahr neue Rekordbestellungen verzeichnet. In den nächsten zwanzig Jahren sollen 35.000 Flugzeuge gebaut werden. Auch die Auftragsbücher von FACC sind gut gefüllt. Der Auftragsstand lag Ende April bei 5,5 Mrd. US-Dollar (4,95 Mrd. Euro), ein Plus von einer Milliarde Dollar gegenüber dem Vorjahr.

FACC hat im vergangenen Geschäftsjahr neue Aufträge für die Fertigung der aufgebogenen Flügelspitzen an den Airbus A320 an Land gezogen. Auch die Landeklappen des A320 produzieren die Rieder. Beim Langstreckenjet Boeing 777 wurden im Vorjahr Verträge verlängert.

Umsatzausfall

Grund für den Verlust im Geschäftsjahr 2014/15 ist ein vorläufiger Umsatzausfall von 34 Mio. Euro, der aufs Ergebnis durchgeschlagen hat. Ob die Forderungen zur Gänze einbringlich seien, wollte Stephan am Donnerstag nicht sagen. Es sei jedenfalls "zu viel Geld, um es in den Wind zu schreiben". FACC hofft, zur Hauptversammlung am 15. Juni mehr sagen zu können. Bei den 34 Mio. Euro handle es sich um Entwicklungsleistungen. Wer die Kunden sind, mit denen über Preisanpassungen gefeilscht wird, wollte FACC nicht verraten.

"Wir liefern heute Bauteile, wo wir keine kommerzielle Einigung haben", sagte Stephan. Das sei in den Verträgen abgedeckt und in der Luftfahrtindustrie kein Sonderfall. Das sichere den Flugzeugherstellern Bauteile, auch wenn es noch zu Auseinandersetzungen komme. Darüber, ob FACC die 34 Mio. Euro auch einklagen würde, wollte er keine konkrete Aussage machen. Die Kunden "verschärft anzugehen", so Stephan, "ist nicht unsere Absicht". Das Problem: "Wir haben nur ganz wenige Kunden." Man sei aber sicher, dass die Forderungen gerechtfertigt sind.

Solche Probleme habe es in der Vergangenheit von FACC immer wieder gegeben. Stephan schilderte einen Fall, der mehr als zwanzig Jahre zurückliegt. Bei der Entwicklung des Flugzeugs MD-11 habe man mit dem Hersteller McDonnell Douglas über drei Jahre lang über die Entwicklungskosten verhandelt. Damals hatte sich der Auftragswert zwischen Beauftragung 1987 und Auslieferung 1992 fast verdoppelt. "Das Wichtigste ist, dass der Flieger in der Luft ist", da gehe es um Vertrauen zwischen Lieferanten und Kunden, Lösungen für die Entwicklungskosten hätten sich danach immer gefunden.

Preisdruck

FACC spürt laut Stephan auch den Preisdruck von Boeing und Airbus. Nach den "signifikanten Kostenüberschreitungen" bei der Entwicklung der neuen Flugzeuge Airbus A350 und Boeing Dreamliner übten die Hersteller Druck auf die Lieferanten aus, um die Projekte "wieder in eine solide Spur zu führen", sagte Stephan. Außerdem sei der Markt für Businessjets in China, Russland und Brasilien eingebrochen. Nach dem A350 und Dreamliner gebe es momentan keine großen Entwicklungsprogramme, deshalb hätten die Hersteller bereits massiv Ingenieure abgebaut. Wann neue Flugzeuge entwickelt werden, entscheide sich frühestens 2019. Derzeit würden Boeing und Airbus eher bestehende Modelle überarbeiten.

FACC entwickelt und produziert Faserverbundkomponenten und -systeme für Strukturbauteile an Rumpf und Tragflächen, Triebwerkskomponenten und Passagierkabinen für zivile Verkehrsflugzeuge, Business Jets und Hubschrauber. Im Geschäftsjahr 2014/15 sank der Umsatz um 3,4 Prozent auf 528,9 Mio. Euro. Der staatliche chinesische Rüstungs- und Flugzeugproduzent AVIC (Aviation Industry Corporation of China) hält 55,5 Prozent der Anteile. FACC beschäftigt rund 3.100 Mitarbeiter. (APA, 21.5.2015)