Die Hebammenbetreuung zu Hause nach der Geburt wird immer häufiger in Anspruch genommen.

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Wien – Eine Hebamme zur Unterstützung der Mutter am Wochenbett, das nehmen immer mehr Frauen in Anspruch. Zwischen der 18. und 22. Woche, so steht es seit April 2014 im Mutter-Kind-Pass, zahlt die Krankenkasse die Beratung durch eine Hebamme. Im Gespräch geht es um den Verlauf der Schwangerschaft, die Geburt selbst und die Zeit danach. Im Zuge dessen wird man auf die Möglichkeit der Wochenbettbetreuung aufmerksam gemacht, die von der Kasse übernommen wird, sofern man innerhalb von drei Tagen das Spital verlassen kann (fünf Tage bei einem Kaiserschnitt).

Diese Betreuung übernehmen oft freie Hebammen, die zu Mutter und Neugeborenem nach Hause kommen, nach dem Rechten sehen, beim Stillen unterstützen, dabei das Kind untersuchen und Fragen beantworten. Bei kleinen Unsicherheiten, die auch eine Hebamme zu Hause beheben kann, spart man sich also auch den einen oder anderen Besuch beim Kinderarzt.

Innenstadt im Nachteil

Doch in Wien steht man vor einem speziellen Problem: Im geburtenstärksten Bundesland gibt es vergleichsweise wenige freie Hebammen mit Kassenvertrag. Während im Jahr 2013 in Bundesländern wie Tirol 38 Hebammen auf fast 7.000 Geburten kamen oder in Niederösterreich gar 42 Hebammen mit Kassenvertrag 13.979 Geburten gegenüberstanden, waren es in Wien nur 17 Hebammen, die die Wochenbettbetreuung mit Kassenvertrag anbieten konnten. Und das in einem Bundesland mit einer Zahl von 18.691 Geburten 2013 und dem österreichweit höchsten Geburtenzuwachs. In den Bezirken eins bis neun arbeitet derzeit keine einzige Hebamme mit Kassenvertrag.

"Die Frauen rufen an und müssen fallweise auf Wahlhebammen ausweichen, der Betrag wird nur teilweise von der Kasse übernommen", sagt Johanna Sengschmid vom Österreichischen Hebammengremium. "Natürlich geht es hier auch um zu niedrige Tarife", räumt sie ein. Eine Wahlhebamme verdient mehr. Bei den Betreuungen fallen Kilometergeld und andere Investitionen an, deren Kompensation seit Jahren nicht erhöht wurde. "Doch leider müssen wir auch feststellen, dass neue Kassenverträge nicht vergeben werden, obwohl sie gefragt wären."

Kurz vor knapp

Durch neue Betreuungsentwicklungen, wie den "Frühen Hilfen" oder dem Projekt "Wellcome" und auch durch den Trend, früher nach Hause zu gehen, eine "ambulante Geburt" zu haben und auf Hebammenbetreuung zu Hause zu setzen, herrscht auch in Zukunft ein Aufwärtstrend in der Nachfrage nach Hebammen. Der Engpass wird sich in Zukunft also noch verstärken.

Andrea Fleischmann von der Wiener Gebietskrankenkasse bestätigt die Entwicklung: "Das ist ein wunder Punkt, der Gesamtvertrag für Hebammen ist ein sehr alter, das System gehört eindeutig reformiert. Im Zuge der Verhandlungen werden wir auch versuchen, die Stellen auszubauen." Der "Gesamtvertrag neu" soll laut Fleischmann bis Jahresende stehen. "Verträge für die Beratung in der 18. bis 22. Woche vergeben wir aber regelmäßig."

Was den neuen Gesamtvertrag und die Kassenverträge für die Wochenbettbetreuung betrifft, äußert Sengschmid allerdings Bedenken: "Wir werden diesbezüglich schon lange vertröstet. Bis Jahresende ist noch eine lange Zeit, außerdem wird das dann nicht plötzlich zu bewerkstelligen sein. Wer einen Vertrag möchte, sollte schon jetzt einen bekommen."

Der Vertrag wurde 2006 zum letzten Mal modernisiert. Laut Fleischmann ist man schon damals nicht weit genug gegangen. "Die Tarife wurden ein wenig geändert, überhaupt nur kleine Änderungen vorgenommen. Es braucht neue Kilometergelder, auch das System mit den Tagen nach der Geburt ist mühsam und überholt." Die Verhandlungen seien außerdem wegen des neuen Mutter-Kind-Passes ausgesetzt worden und liefen erst seit Jänner 2015 wieder. "Die Verhandlungspartner, die jetzt am Tisch sitzen, sind alle wild entschlossen, etwas zu ändern. Dann müssen nur noch alle Träger mitziehen. Das ist aber möglich, bei den Psychologen haben wir es schon geschafft."

Rechtzeitig alles kein Problem?

Vor allem im Sommer gebe es Schwierigkeiten, eine Kassenhebamme zu finden, sagt Sengschmid, beruhigt aber – mit Vorbehalt: "Wer sich rechtzeitig informiert und meldet, bis spätestens zur 30. Woche, hat noch gute Chancen, eine Hebamme mit Kassenvertrag zu bekommen." Die Bezirke eins bis neun seien allerdings trotzdem benachteiligt. (Johanna Schwarz, 20.5.2015)