Ramadi – Schiitische Milizen machen für die Schlacht um die von der Extremistenorganisation "Islamischer Staat" (IS) weitgehend kontrollierte Stadt Ramadi mobil. Rund 3.000 Kämpfer der Milizen seien auf einem Militärstützpunkt östlich von Ramadi eingetroffen, erklärte der Rat der Provinz Anbar am Montag. Der IS überrannte das 100 Kilometer von der Hauptstadt Bagdad entfernte Provinzhauptstadt am Sonntag.

Der irakische Ministerpräsident Haidar al-Abadi, die USA und die Regierung der Provinz Anbar hatten sich beim Kampf um das vorwiegend von Sunniten bewohnte Ramadi stets skeptisch gegenüber einer Unterstützung durch schiitische Milizen gezeigt. Sie befürchteten ein neuerliches Aufflammen der Gewalt zwischen Schiiten und Sunniten. Schiitische Milizenführer betonten am Montag, die vergangenen Tage hätten gezeigt, dass die Regierung es sich nicht leisten könne, auf Unterstützung durch den Truppenverband Hashid Shaabi, dem Milizengruppen und freiwillige Kämpfer angehören, zu verzichten.

Panzer erbeutet

Beim Kampf um Ramadi erbeutete der IS nach eigenen Angaben Panzer und tötete Dutzende Mitglieder der Sicherheitskräfte. Aus irakischen Armeekreisen hieß es, die Jihadistenmiliz habe zudem Dutzende ihrer Anhänger aus Militärgefängnissen befreit.

Vertreter der irakischen Arme erklärten weiters, die Streitkräfte hätten alle wichtigen Stützpunkte in der Stadt verlassen. Ein Sprecher des Provinzgouverneurs berichtete, es gebe noch vereinzelt Kämpfe in einigen Stadtteilen.

Die USA erklärten am späten Sonntagabend, Berichte über anhaltende Kämpfe würden geprüft. Die Lage sei unübersichtlich, erklärte Pentagon-Sprecherin Maureen Schumann in Washington. Es sei "zu früh, um derzeit definitive Stellungnahmen zur Lage vor Ort abzugeben".

Behördenvertretern zufolge wurden bei den Kämpfen mindestens 500 Menschen innerhalb von drei Tagen getötet. Tausende Familien flohen aus Ramadi. Die Internationale Organisation für Migration (IOM) sprach von mindestens 8.000 Menschen, die in die Flucht getrieben worden seien.

Fast ganz Anbar in Händen des IS

Mit dem Vormarsch beherrscht der IS nun fast die gesamte von Sunniten bewohnte Provinz Anbar. Der Fall der Stadt ist ein schwerer Rückschlag für die irakische Armee und das von den USA geführte Bündnis, das die Soldaten mit Luftangriffen, Waffen und Ausbildung im Kampf gegen die Islamisten unterstützt. Allein in den vergangenen drei Tagen flog die Koalition 19 Luftangriffe rund um die Stadt Ramadi.

US-Außenminister John Kerry zeigte sich überzeugt, dass es den Islamisten nicht gelingen werde, die Stadt zu halten. Die Truppen am Boden würden den IS in den kommenden Wochen wie aus anderen Orten zuvor auch aus Ramadi vertreiben, sagte er am Rande eines Besuchs in Südkorea. Sein Ministerium erklärte, das von den USA angeführte Bündnis gegen den IS werde die irakischen Soldaten bei der Rückeroberung der Stadt unterstützen. Der Fall Ramadis bedeute keine Trendwende zugunsten des IS, sondern lediglich einen Propaganda-Erfolg. (APA, 18.5.2015)