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Gery Keszler am Life Ball 2015.

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Manchmal beweist man Nervenstärke, indem man zeigt, dass man keine Nerven aus Drahtseilen hat. Es war am Samstagabend auf der Life-Ball-Bühne nicht das erste Mal, dass Gery Keszler in aller Öffentlichkeit geweint hat. Schon zuvor bei der Pressekonferenz zum weltgrößten HIV/Aids-Charity-Event hatte ihn die Trauer über den Tod eines langjährigen Freundes vor zwei Wochen überwältigt. Und vor Jahren war Keszler auf dem Podium von der Wiener Vizebürgermeisterin Renate Brauner getröstet worden, als er die Tränen in Gedenken an verstorbene Freunde nicht mehr zurückhalten konnte.

Ein großer Redner war der 51-jährige Glamourparty-Macher nie. Doch als er am Samstag zum 23. Mal vor das Life-Ball-Publikum trat, war schnell klar, dass er sich noch schwerer tat als sonst, weil er etwas loswerden wollte. Nach der Erinnerung an den verlorenen Horstl folgte auf der emotionalen Berg-und-Tal-Fahrt die Schelte für eingebrochene Fundraising-Einnahmen und schließlich die Aussage, dass er selbst schon lange HIV-positiv sei. Jetzt weiß es nicht nur sein Freundeskreis, sondern die ganze Welt.

"Es ging mir nicht darum zu sagen, ihr müsst mir helfen, ich bin betroffen", sagt Keszler. Er habe einfach erkannt, dass es richtig ist, das jetzt zu sagen, "um ein Signal zu setzen".

Ihm geht es nach eigenen Angaben gesundheitlich sehr gut, obwohl er sich bereits vor vielen Jahren, wahrscheinlich während eines längeren Australien-Trips, mit HIV infiziert habe. Doch zu viele Menschen hat der 51-Jährige schon an Aids sterben gesehen. Damals wie heute. Sein Freund und Mitbegründer des Life Ball, der Arzt Torgom Petrosian, war 1993 einer der Ersten. Ihm versprach Keszler am Totenbett weiterzumachen, gegen die Stigmatisierung von HIV-infizierten Menschen zu kämpfen und die Finanzierung von Hilfsprojekten voranzutreiben.

Der Lebensball wurde tatsächlich zu einer beispiellosen Erfolgsstory. Zuerst freilich mehr im Ausland als im Inland. Keszler, der gelernte Maschinenbauer aus Mödling und spätere Visagist bei Thierry Mugler und Vivienne Westwood, zog für das Event im Wiener Rathaus Weltstars wie Elton John und Jean Paul Gaultier an Land. Doch in Österreich schlugen ihm medial auch Beschimpfungen wie "Berufsschwuchtel" ("Zur Zeit") entgegen. Und obwohl Gery Keszler den Prozess erst in zweiter Instanz gewann, verlor er nie die Nerven. (Michael Simoner, 17.5.2015)