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Peter Stöger fühlt sich nach der Saison nicht gestresst.

Foto: EPA/UWE ANSPACH

Wien/Köln – Peter Stöger geht es gut. Er hat in Köln auch den zweiten Auftrag erfüllt. Der erste war der Aufstieg in die Bundesliga, der wurde mit Bravour, als Meister der zweiten Liga, erledigt. Im Oberhaus ging es ausschließlich darum, es nicht gleich wieder verlassen zu müssen. Der 1. FC und Stöger dürfen bleiben. "Wir haben es absolut verdient", sagt der 49-Jährige dem STANDARD. In den letzten zwei Runden, auswärts gegen Mainz und daheim gegen Wolfsburg, kann völlig stressfrei Fußball gespielt werden. Wobei es Ziel sei, "den zehnten Platz zu verteidigen. Das wäre mehr, als die Leute hier erträumt haben."

"Der Weg ist das Ziel"

Stöger ist nicht wirklich geschlaucht. "Natürlich war es anstrengend, der Aufwand ist enorm gewesen. Jede Woche gibt es ein unglaubliches Tamtam, medial ist viel zu tun. Aber man gewöhnt sich an alles. Es ist jedenfalls ein Genuss, auf so einer Bühne tätig sein zu dürfen." Der Kölner Boulevard hat sich mit dem Wiener insofern schwergetan, als es nicht einmal Skandälchen gegeben hat. Gleich neunmal wurde 0:0 gespielt, der Stil ab und zu als unattraktiv kritisiert. Dem Trainer war das freilich völlig wurscht. "Der Weg ist das Ziel, wir haben im Rahmen unserer Möglichkeiten das Optimum rausgeholt. Hinter der defensiven Null steckte viel Arbeit. Schlussendlich hat das auch die Presse akzeptiert. Also war das Verhältnis okay, die Vernunft hat gesiegt."

Köln ist kein Verein, der Visitenkarten füllt. "Um Titel kann man hier nicht spielen, aber das wusste ich. Es gibt eben wirtschaftliche Grenzen, Meister werden die Bayern." Auch in Wiener Neustadt sei es lediglich darum gegangen, "realistische Vorgaben zu erfüllen". Als er mit der Austria 2013 Meister wurde, was ihm den Transfer nach Köln ermöglichte, "konnte man eben anders Fußball spielen. Da musste nicht unbedingt hinten die Null stehen, weil die Offensive stark genug war, das zu korrigieren".

In Köln sei es gelungen, "von Anfang an die richtigen Lösungen zu finden und umzusetzen. Wir hatten eine Idee, Tore zu verhindern. Wir hatten eine Idee, körperlich und geistig fit zu sein. Meinen Anteil am Erfolg sollen andere beurteilen." Der 1. FC ist nie auf einem Abstiegsplatz gestanden. "Es gab keine Schlüsselmomente, wir gerieten nie in Extremsituationen, hatten weder extrem negative noch extrem positive Serien. Auf uns war jederzeit Verlass."

Stöger sagt, er habe sich in Deutschland nicht verändert. "Ich war auch in der österreichischen Regionalliga demütig, verantwortungsvoll. Es geht überall um Fußballer, die haben die gleichen Ängste und Sorgen. Die Bühne ist hier halt viel größer, die Rollen sind aber gleich. Es geht darum, Erfolg zu haben, junge Leute zu entwickeln." Möglicherweise sei er zwar nicht dünnhäutiger, aber doch ein bisserl vorsichtiger oder misstrauischer geworden. Seine öffentliche Facebook-Seite hat er, als Kommentare grenzwertig bis grenzüberschreitend wurden, eingestellt. "Ich kann auch ohne Facebook gut leben."

Keine Theatralik

Das prägendste Erlebnis ist für Stöger die Geschichte mit Philipp Hosiner gewesen. Köln wollte ihn im Winter ausleihen, der Vereinsarzt diagnostiziert bei der routinemäßigen Untersuchung einen Nierentumor. Hosiner wurde gerade noch rechtzeitig operiert, er ist nun wieder in Rennes aktiv. Stöger: "Ich lehne Theatralik ab. Aber der nicht zustande gekommene Transfer hat ihm vielleicht das Leben gerettet."

Gemeinsam mit Sportdirektor Jörg Schmadtke wird die nächste Saison geplant. ÖFB-Teamverteidiger Kevin Wimmer wird zu Tottenham in die englische Premier League wechseln, Stürmer Anthony Ujah zu Werder Bremen. Die Kölner bemühen sich vor allem um ablösefreie Kicker, diese Situation kennt Stöger aus Österreich. "Es macht mich stolz, dass unsere Spieler gefragt sind."

Köln, sagt Stöger, sei eine verrückte, weltoffene Stadt. Wie überall gibt es auch hier bescheuerte Fußballfans, beim Auswärtsspiel in Gladbach haben Aberwitzige gezündelt und das Feld gestürmt. Der harte Kern wurde für drei Heimpartien ausgesperrt. "Ich hoffe, dass wir das irgendwann in den Griff bekommen. Die meisten sind ja vernünftig."

Stögers Vertrag läuft noch zwei Jahre, die Ziele sind klar gesteckt. "Oben bleiben und uns im gesicherten Mittelfeld etablieren." Die Möglichkeiten in der Karnevalshochburg seien begrenzt. "Aber sie sind wunderbar begrenzt." (Christian Hackl, 15.5.2015)