Von Euphorie und nahendem Durchbruch spricht bei Europas mühseligsten Diplomatieverhandlungen längst niemand mehr. Die Chance für Zypern war 2004 einmal da - bei der Volksabstimmung über den Friedensplan des damaligen UN-Generalsekretärs Kofi Annan, kurz vor dem EU-Beitritt der Insel -, und die griechischen Zyprioten hatten sie vertan. Sie hatten ihre Gründe dafür. Seither geht es nur um Maximalvorstellungen: die Chimäre von der föderativen Republik gegen die unilaterale, von den Türken verkündete Zweistaatlichkeit auf Zypern.

Die Wahl von Mustafa Akinci zum neuen Führer der türkischen Zyprer ist eine willkommene atmosphärische Änderung. Akincis emanzipatorischer Ton spiegelt die Unruhe der türkischstämmigen Zyprer angesichts der anatolischen Einwanderer und Ankaras Einmischung im Inselnorden wider. Doch recht weit wird es mit der Befreiung von der großen Türkei nicht gehen. Ankara finanziert die türkischen Zyprer und ihre stolzen 25 Prozent Arbeitnehmer in der öffentlichen Verwaltung. Wer zahlt, schafft an.

Am Ende will auch die Türkei erklärtermaßen nur eines: endlich eine Lösung auf Zypern. Für die Griechen auf der Insel aber ist der Status quo immer noch am Erträglichsten. Eine komplizierte Konstruktion wie in Bosnien findet niemand wirklich attraktiv, für die realistischste Option scheint es noch zu früh: zwei Inselrepubliken, aber integriert in die EU mit allen Pflichten und Vorteilen der Union. (Markus Bernath, 15.5.2015)