Washington - Nach langen Debatten hat das US-Repräsentantenhaus für eine grundlegende Geheimdienstreform gestimmt, die das massenhafte Datensammeln in den Vereinigten Staaten verhindern soll. Eine breite Mehrheit von Republikanern und Demokraten stimmte am Mittwoch in Washington für den sogenannten USA Freedom Act, der nun noch den Senat passieren muss.

Gericht muss kontrollieren

338 Abgeordnete votierten dafür, 88 dagegen. Mit der Zahl der Gegenstimmen lagen Demokraten (41) und Republikaner (47) etwa gleichauf. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass Telefondaten und andere Aufzeichnungen künftig per Gerichtsbeschluss freigegeben werden müssen. Dafür muss ein hinreichender Verdacht vorliegen, dass es Verbindungen zum internationalen Terrorismus gibt.

Nach bisherigem Recht dürfen die Geheimdienste massenweise Telefondaten sammeln. Diese Regelung ist Bestandteil des sogenannten USA Patriot Act, der nach den Anschlägen vom 11. September 2001 zur Terrorabwehr beschlossen wurde. Sie läuft mit 1. Juni aus. Für die Spähaktivitäten etwa der NSA im Ausland würden sich durch die Reform keine Änderungen ergeben.

Kein Widerspruch

"Die Freiheit der Amerikaner und die Sicherheit Amerikas können koexistieren", sagte der Vorsitzende des Justizausschusses im Repräsentantenhaus, Bob Goodlatte. "Diese grundlegenden Konzepte schließen einander nicht aus." Der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, John Boehner, erklärte, das Reformvorhaben ermögliche sowohl Transparenz als auch ein flexibles Vorgehen gegen Terrorismus. "Terroristen in aller Welt wollen unser Land und unsere Lebensweise zerstören, und wir müssen unseren Geheimdiensten die Werkzeuge geben, die sie brauchen, um sie zu stoppen", sagte der Republikaner.

Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 waren dem US-Geheimdienst im Patriot Act weitgehende Befugnisse eingeräumt worden. Die Geltungsdauer der Regelungen war sowohl vom damaligen Präsidenten George W. Bush als auch von seinem Nachfolger Barack Obama wiederholt verlängert worden.

Paragraf 215 erlaubt dem Geheimdienst, massenhaft Metadaten der Telefongespräche in den USA - also Telefonnummern sowie Zeit und Dauer der Telefonate - zu sammeln und jahrelang zu speichern. Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde dies erst 2013 durch die Enthüllungen des früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden. Ein Bundesberufungsgericht erklärte das Vorgehen Anfang Mai für verfassungswidrig.

Nur gezieltes Abfragen

Die Gesetzesreform soll der NSA das massenhafte Sammeln von Telefondaten sowie von E-Mails und Daten zu Bewegungen im Internet ausdrücklich untersagen. Der Geheimdienst soll künftig nur gezielt Daten von Einzelpersonen oder Gruppen bei den Telekommunikationsanbietern abfragen, die dann für die Aufbewahrung zuständig wären. Die Abfrage soll der NSA nur mit Zustimmung des geheimen Gerichts für nationale Sicherheit (FISA) möglich sein. Das Gericht beaufsichtigt seit 2006 bereits die massenhafte Datensammlung durch die NSA.

Nuala O'Connor vom Center for Democracy & Technology lobte das Votum des Repräsentantenhauses als "großen Gewinn". Kritiker bemängeln allerdings, die Gesetzesvorlage lasse zu viel Interpretationsspielraum in zentralen Punkten.

Die Formulierung des Gesetzes sei so unpräzise, dass es "wenig Wirkung" haben werde, sagte der republikanische Abgeordnete Justin Amash. Die Mitbegründerin der Organisation "Fight for the Future", Tiffiniy Cheng, erklärte: "Der Kongress versucht, den USA Freedom Act den Amerikanern als Reform zu verkaufen, aber tatsächlich dehnt das Gesetz die Macht der Regierung aus, um unsere Kommunikation unter dem Patriot Act zu überwachen." Amnesty International äußerte ähnliche Bedenken und kritisierte, dass der US-Kongress das Ausspähen von Bürgern im Ausland völlig ausblende.

Über die Reform muss nun der Senat bis Ende Mai entscheiden. Der erste Anlauf zu der von Obama unterstützten Reform war vergangenes Jahr gescheitert. Das Weiße Haus hat den Kongress zur Verabschiedung des Gesetzes aufgerufen. Die Regierung will die Datensammelwut stoppen, mit der Reform aber gleichzeitig sicherstellen, dass Daten zum Schutz vor Terrorismus begrenzt weiter gesammelt und genutzt werden können. (APA, 14.5.2015)