Wien – Der Serie Wayward Pines eilt der Ruf voraus, es sei „das neue Twin Peaks“. Ganz abgesehen davon, dass solcherart eu phorischer Ankündigungskultur grundsätzlich zu misstrauen ist: Man würde beiden unrecht tun. Weil es zu Twin Peaks nichts Vergleichbares geben kann – und weil auch Wayward Pines nichts daran ändern wird.

Foto: Fox/Sky

Schon klar, Anknüpfungspunkte sind vorhanden: Ein ehrlicher Agent ist in einem abgelegenen Ort tief in der amerikanischen Mittelstandskultur mit einem grausamen Verbrechen konfrontiert. Um dieses ereignet sich eine Vielzahl an Absonderlichkeiten. Das sind zum einen die Bewohner von Wayward Pines.

Prächtige Douglastannen

Dazu gehören eine fanatische Krankenschwester, eine spröde Mitarbeiterin in der Polizeiwache, eine bodenständige Barlady (existiert sie wirklich?), ein gleichgültiger Psychiater, ein sperriger Cop, eine blitzsaubere Stepford-Gattin.

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Die Wälder bestehen aus dunklen Douglastannen, die einst schon Agent Dale Cooper bewundert hat. Und das Ortsschild von Wayward Pines ist exakt im selben Winkel aufgenommen wie jenes von Twin Peaks. Nur dass die neue Tafel
die Besucher offensiver willkommen heißt: „Willkommen im Paradies“. Das Twin-Peaks-Schild nannte nüchtern die Einwohnerzahl (51.201).

Weitere Vergleichsmöglichkeiten mögen sich auftun, doch sollte man es dabei belassen. Schließlich liegen zwischen beiden Serien nicht nur 25 Jahre, sondern auch ein als „Serienwunder“ gefeiertes Phänomen, das seit ein paar Jahren die Möglichkeiten des Mediums Fernsehens in epischer Breite auszuschöpfen weiß. Twin Peaks stand am Anfang dieser Entwicklung und befeuerte sie zweifellos, indem es das Genre Mystery mit Ingredienzien fütterte, auf die später oft zurückgegriffen wurde.

Sah man schon in "Lost"

Das muss nicht immer ein Vorteil sein, denn speziell im Fach des Mysteriösen hat sich die Serie längst auf Routine verlegt. Die Titelmusik von Wayward Pines etwa hat so gar nichts mit den sphärischen Klängen Angelo Badalamentis zu tun, sondern droht, zittert, schwingt, wie Tonstudios eben Spannung heute ertönen lassen. Die Eröffnungssequenz – die mikroskopische Nahaufnahme eines Auges, die Kamera entfernt sich vom Inneren der Pupille – sah man schon in Lost.

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Die Zielgruppe der Flugzeugabsturz-Katastrophen-Mystery-Serie steuert Wayward Pines-Erfinder M. Night Shyamalan denn auch eine Spur zu direkt an. Die Lost-Seher liebten es, versteckte Zitate, geheime Botschaften, verdeckte Mitteilungen, falsche Fährten zu entdecken und zu diskutieren. Genau darauf zielt Wayward Pines ab: Die Dinge sind wieder nicht, was sie scheinen.

Eingespieltes Ensemble

Getragen wird die Geschichte vom Ensemble: Matt Dillon, Juliette Lewis, Melissa Leo, Ter rance Howard schrauben sich in dem Wirrwarr in die luftigen Höhen der Allunwissenheit hoch.

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Im US-TV startete Wayward Pines am Donnerstag, hierzulande können Abokunden die Serie auf Fox im Angebot von Sky selbentags ab 21 Uhr sehen.

Für den US-Sender ist Wayward Pines ein Hoffnungsträger. 21 Prozent Quotenminus musste der Kanal im Eigentum von Medienmogul Rupert Murdoch in der vergangenen TV-Saison hinnehmen. Langzeitquotenbringer wie American Idol – Mutter aller Castingshows – schwächelten zuletzt. Nach der 15. Staffel nächstes Jahr ist es endgültig vorbei. Ein vergleichbarer Ersatz ist noch nicht gefunden.

Stimmung fehlt

Derzeit zieht vor allem die Familienserie Empire Publikum an. Die Zukunft verspricht mehr Mystery: Akte X ab Jänner nächsten Jahres. Weiters gehen Minority Report, Lucifer und The Frankenstein Code in Serie.

FOX

Die Begeisterung der Kritik über Wayward Pines hält sich in Grenzen: „Vollgepackt“, „fehlende Stimmung“, urteilen Beobachter. Wer sich auf einen zum Teil ermüdenden Wechsel der Handlungsstränge und überstrapazierte Verwirrspiele einlässt, wird seinen Spaß haben. Und so viel ist sicher: Sie beobachten uns. (Doris Priesching, 12.5.2015)