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US-Präsident Barack Obama und David Letterman bei der Aufzeichnung am 4. Mai.

Foto: REUTERS / JONATHAN ERNST

New York – Die Nachricht kam per Telefon, kurz vor Beginn der Aufzeichnung einer "Late Show With David Letterman". "Es war großartig", sagte Moderator Letterman zum Chef des TV-Senders CBS, Leslie Moonves. "Aber ich gehe in den Ruhestand." Rund ein Jahr später macht der Starmoderator seine Ankündigung am 20. Mai wahr: Nach mehr als 30 Jahren führt die Late-Night-Ikone ein letztes Mal durch die Show.

Madonna, Barrymore, Roberts

Mehr als 6.000 Stunden Sendung hat Letterman in all der Zeit produziert und blieb dabei stets stoisch ruhig, unendlich höflich und trocken witzig - auch wenn um ihn herum Madonna fluchte, Drew Barrymore auf den Tisch sprang und ihr T-Shirt lüftete und Julia Roberts ihm einen Kuss auf den Mund gab.

Letterman wird bei dem Gedanken an einen Abend ohne die Show "extrem melancholisch", wie der 68-Jährige jüngst der "New York Times" sagte. "Es wird eines von beidem sein: Entweder werde ich wie ein Erwachsener die Veränderung vernünftig akzeptieren. Oder ich werde zum Kriminellen."

Obama bedauert

Schon bei der Ankündigung seines Abschieds hatten Dutzende Prominente und sogar US-Präsident Barack Obama das öffentlich bedauert. "Fernsehen wird nicht mehr dasselbe ohne dich sein", hatte Moderatoren-Kollegin Ellen DeGeneres getwittert und Late-Night-Show-Konkurrent Jimmy Kimmel hatte sich via Twitter verbeugt: "David Letterman ist der Beste, den es gibt und den es je gab."

Das Talk-Urgestein Letterman hat alles erreicht, was man in seiner Branche erreichen kann: Nach kleineren Jobs bei Radio, Fernsehen und als Comedian war er mehr als 30 Jahre lang Moderator einer Late Night Show, seit 1993 der "Late Show With David Letterman" bei CBS.

Die Freiheit zu lachen

Er hatte alle Stars zu Gast, erfand Dutzende von heute allgegenwärtigen Show-Rubriken, gewann zahlreiche Auszeichnungen und prägte den späten Fernsehabend in den USA wie kein anderer. Auch die Oscars und die Emmys moderierte Letterman jeweils einmal und gilt als einer der originellsten und kreativsten Köpfe der Branche.

In den USA wird Letterman vor allem auch sein Auftritt nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in New York hoch angerechnet. Als erster Moderator kehrte er mit seiner Sendung schon sechs Tage später auf den Bildschirm zurück und sprach tief bewegt über das Erlebte. Damit habe er dem Land die Freiheit zu lachen wiedergegeben, schrieb die "New York Times". "Wenn man es zuvor nicht geglaubt hat, muss man es jetzt auf jeden Fall glauben", sagte Letterman damals. "New York City ist die großartigste Stadt der Welt."

Late-Night-Generationenwechsel

Sein Abschied treibt den Generationenwechsel in der Late-Night-Show-Szene weiter voran. Nachfolger Stephen Colbert, der zuvor beim TV-Sender Comedy Central auf Sendung war und ab dem 8. September übernehmen wird, ist knapp 18 Jahre jünger. Lettermans Kollege Jay Leno (65) hat gerade an den 40 Jahre alten Jimmy Fallon abgegeben. Die "Daily Show" von Jon Stewart (52) geht demnächst an den 31 Jahre alten Trevor Noah. Gute Quoten fährt derzeit auch der Late-Night-Moderator Jimmy Kimmel (47) mit seiner nach ihm benannten Show ein.

"Ich weiß, dass ich nicht das machen kann, was Jimmy Fallon macht. Und ich weiß, dass ich nicht das machen kann, was Jimmy Kimmel macht", sagte Letterman. Aber er sei auch nicht vom Nachwuchs aus der Show gedrängt worden. "Wenn ich 38 wäre, würde ich die Show wahrscheinlich immer noch machen wollen. Als Jay Leno noch dabei war, habe ich mich so gefühlt, als seien wir Zeitgenossen. Und dachte, es funktioniert noch - ein älterer Mann im Anzug. Aber dann ist er gegangen und plötzlich war ich umringt von den Jimmys."

Wieder ein weißer Mann

Er hätte sich gewünscht, bei der Suche nach seinem Nachfolger konsultiert worden zu sein, gibt Letterman offen zu. "Ich dachte, es hätte eine gute Möglichkeit sein können, einen Afroamerikaner oder eine Frau auszuwählen." Aber auch Colbert hält er für eine gute Wahl. "Es wird interessant sein, zu sehen, was er daraus macht." Wie seine letzte Show aussehen wird, hat der 1947 im US-Bundesstaat Indiana geborene Letterman schon ganz genau geplant.

"Ich möchte, dass es fröhlich und lustig wird und die Menschen froh sind, dass sie sich die Zeit genommen haben, die Sendung zu schauen", sagte er der "New York Times". "Historisch wird es sicher nicht. Nach der Sendung werden die Menschen sagen: 'Also dann. Wann startet der Neue?'"

Letterman, der zum zweiten Mal verheiratet ist und einen elf Jahre alten Sohn namens Harry hat, will nach dem Ende seiner Show vor allem mehr Zeit mit seiner Familie verbringen. "Zum ersten Mal, seit Harry auf der Welt ist, werden unsere Sommerpläne nicht von mir vorgegeben. Es wird völlig danach gehen, was mein Sohn machen will. Und das ist ziemlich wunderbar." (APA, 12.5.2015)