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Boris Johnson und David Cameron sitzen künftig gemeinsam am Regierungstisch.

Foto: AP/Radburn

Bei seinen Parteifreunden kann David Cameron dieser Tage nichts falsch machen. Schon ehe der überraschend mit einer konservativen Alleinregierung im Amt bestätigte Premier am Montagvormittag im Unterhaus eintrifft, herrscht unter den Tory-Hinterbänklern festliche Stimmung. Und der 48-Jährige trägt gleich nach der Ankunft dazu bei. Er nimmt seine Truppe an die Kandare, indem er eine Kopie des Wahlprogramms hochhält. Man müsse "für die ganze Nation regieren".

Es könnte kaum besser gehen für den Parteichef, dem selbst der engste Kreis den Wahlsieg kaum zugetraut hatte. Die EU-Feinde auf dem rechten Parteiflügel halten einstweilen ihr Pulver trocken, schließlich lässt Cameron keinen Zweifel an seinem Vorhaben, bis spätestens Ende 2017 über die Mitgliedschaft im Brüsseler Club abstimmen zu lassen. Sogar der Hohepriester der EU-Verächter, Bill Cash, spricht von einer "Stimmung des Vertrauens".

Vertrauen ins eigene Mandat

Wie einig sich die Konservativen in Sachen Europa derzeit sind, verdeutlicht der Parteiliberale Dominic Grieve: Eine Quotenregelung zur Aufnahme von Flüchtlingen komme "keinesfalls infrage". Auf die Reformverhandlungen mit Brüssel angesprochen, mit der er seinen engsten Vertrauten, George Osborne, betraut hat, sagt Cameron selbstbewusst: "Das wird hart. Aber wir haben ein Mandat dafür."

Zur neuen Disziplin trägt die unverhoffte Anzahl von Regierungssesseln bei: Mehr als 100 Posten kann Cameron unter seiner 331-köpfigen Fraktion verteilen, dabei manchen Querulanten ruhigstellen. Seinen größten Rivalen hält er gleichzeitig auf Abstand und unter Kontrolle: Londons Bürgermeister Boris Johnson erhält kein Regierungsamt, darf aber an den regelmäßigen "politischen Kabinetten" teilnehmen.

Im Kabinett selbst bleibt es bei vielen vertrauten Gesichtern. Am Montag bestätigte Cameron die Leiter der Ressorts Gesundheit, Verkehr, Umwelt, Nordirland, Entwicklungshilfe und Soziales im Amt. Schon am Wochenende durften sich die Chefs der Ressorts Finanzen, Inneres, Äußeres, Verteidigung und Erziehung über ihre Wiederberufung freuen.

Erste Personalentscheidungen

Für Sozialminister Iain Duncan Smith hat der Vertrauensbeweis allerdings eine Kehrseite. Seine ambitionierte Reform, Arbeitslosengeld und Sozialhilfe zusammenzulegen, funktioniert bisher kaum. Der Minister muss nun beweisen, dass er der Aufgabe gewachsen ist.

Ihm zur Hand geht zukünftig als Staatssekretärin Priti Patel, eine aus der wachsenden Gruppe von Abgeordneten mit Migrationshintergrund. Ihre Eltern indischer Abstammung brachten es in England als Ladenbesitzer zu bescheidenem Wohlstand. Wie ihr Minister gehört Patel (43) zur Partei-Rechten, befürwortet die Todesstrafe und den EU-Austritt. Ohnehin stehen viele Einwanderer mit familiären Bindungen an die früheren britischen Kolonien der EU höchst skeptisch gegenüber.

BBC-Kritiker als Kulturminister

Den gleichen Status wie Patel - Kabinettszugehörigkeit ohne Stimmrecht - erhält auch Anna Soubry (57) als Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium, das künftig vom bisherigen Kulturminister und gelernten Investmentbanker Sadschid Dschawid (46) geleitet wird. Dessen Ressort übernimmt der letzte Privatsekretär von Margaret Thatcher und spätere langjährige Leiter des Kulturausschusses im Unterhaus, John Whittingdale (55). Damit zieht nach einer Abfolge von Kulturbanausen wieder ein Hochkompetenter in das kleine Haus ein, aber auch ein harter Kritiker der BBC und ihrer Rundfunkgebühr.

Am Montag überraschte die EU-feindliche Ukip mit der Entscheidung, den Rücktritt von Parteichef Nigel Farage nicht zu akzeptieren. Er war im eigenen Wahlkreis unterlegen. (Sebastian Borger aus London, 11.5.2015)