Eigentlich wollte die Regierung die gelungene Entlastung ausgiebig feiern. Doch ausgerechnet unmittelbar vor der Veröffentlichung der Detailgesetze zur Steuerreform kommt aus München ein Querschuss, der schon vor Beginn der Party Katerstimmung auslöst. Mit der Niederlage der Heta gegen die BayernLB vor dem Münchner Landgericht droht nicht "nur" eine 2,6 Milliarden Euro schwere Niederlage für die Hypo-Nachfolgerin und damit für den Steuerzahler, die Richterin hat auch gleich die im März erfolgte Zahlungssperre der Bad Bank abgeschmettert.

Dieser Punkt könnte sich noch als weit wichtiger erweisen als die primäre Frage des Eigenkapitalersatzes, um die es im Prozess ursächlich ging und die ohnehin erst von den Instanzen entschieden wird. Wenn das Moratorium nicht hält, schießt die im Feuer stehende Schadenssumme gleich in Richtung zehn Milliarden Euro, die zu den bereits verbratenen fünf Milliarden für die einstige Hypo Alpe Adria hinzukommen würde.

So weit ist es noch nicht, aber das deutsche Gericht verdeutlicht doch das hohe Risiko der österreichischen Vorgangsweise, die nicht nur von Gläubigern als rechtlich bedenklich bis unhaltbar erachtet wird. Beim Zahlungsstopp beruft sich die Regierung (und in der Umsetzung die Finanzmarktaufsicht) ja auf die Bankenabwicklungsrichtlinie der EU. Doch das Münchner Gericht hat den Schwachpunkt dieser Grundlage rasch herausgefunden: Das EU-Gesetz wurde für Geldinstitute konzipiert, die Heta ist aber eine Abwicklungseinheit und besitzt seit November 2014 keine Bankkonzession mehr. Eigentlich sieht die Richtlinie vor, dass nationale Abwicklungsmaßnahmen EU-weite rechtskräftig sind. Dem wurde jetzt der Riegel vorgeschoben, weil die EU-Konformität nicht gegeben ist.

Nun handelt es sich nur um ein erstinstanzliches Urteil, das nicht rechtskräftig ist. Auf die leichte Schulter, wie Finanzminister Hans Jörg Schelling und Heta den Eindruck erwecken, sollte Österreich die Entscheidung aber nicht nehmen. Denn auch bei den milliardenschweren Hypo-Anleihen wurde in den Prospekten verankert, dass deutsches Recht zur Anwendung gelangt und Frankfurt Gerichtsstand ist. Auch dort werden Wien und Klagenfurt schlechte Karten haben.

Selbst wenn sich letztlich die Höchstgerichte mit dem Fall beschäftigen werden: Ganz so irrelevant sind erstinstanzliche Entscheidungen wie jenes vom Freitag in München auch wieder nicht. Immerhin besitzt der Gläubiger einen vorläufigen Vollstreckungstitel, wenn er bereit ist, für den Fall einer Niederlage vor dem Berufungsgericht eine Sicherheit zu hinterlegen.

Schelling schwimmen aber nicht nur in Deutschland die Felle davon, auch in Österreich geht seine Taktik nicht auf. Richtigerweise brachte der Minister zumindest theoretisch eine Pleite Kärntens ins Spiel, sollten die Kärntner Haftungen schlagend werden. Mit dieser Drohung will man die Gläubiger dazu drängen, einen freiwilligen Schuldenschnitt zu akzeptieren. Doch es wäre nicht Österreich, hätten die Landeshauptleute diese Strategie nicht hintertrieben.

Werner Faymann will seinen Parteifreund Peter Kaiser nicht im Regen stehen lassen. Und Reinhold Mitterlehner wäre nicht mehr im Amt, würde er nicht auf die Forderungen des selbst Hypo-geplagten Erwin Pröll (assistiert von Günther Platter, Markus Wallner, Josef Pühringer, Wilfried Haslauer) eingehen.

Und die Moral von der Geschicht: Österreich wird wohl noch – je nach Verwertung der Heta-Assets – bis zu zehn weitere Milliarden in die Heta pumpen. Juristische Schwachpunkte in der Abwicklung, vor allem aber ein völlig inkonsequenter Umgang mit dem Kärntner Ballast, sorgen dafür, dass die Bestattungskosten viel höher ausfallen als notwendig. Das wird nicht ohne Folgen für den ohnehin wegen der auf Pump finanzierten Steuerreform arg strapazierten Haushalt bleiben. (Andreas Schnauder, 9.5.2015)