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Der Beitritt zur EU scheint wirtschaftlich nichts gebracht zu haben. Doch obwohl zurzeit noch alle auf Jammern eingestellt sind, sehen die Unternehmer Licht am Horizont.

Foto: EPA/ANTIN

Zagreb – Kroatien geht in das verflixte siebente Jahr – seit 2009 herrscht Rezession, das Budget ist heillos überzogen, Strukturmaßnahmen fehlen. Der Beitritt zur EU scheint wirtschaftlich nichts gebracht zu haben. Laut einer aktuellen Studie der Prisma Kreditversicherung leiden die Unternehmen unter fehlenden Krediten, ineffizienter Bürokratie und Korruption. Auch der Tourismus ist 2014 eingebrochen.

Doch obwohl zurzeit noch alle auf Jammern eingestellt sind, sehen die Unternehmer Licht am Horizont. Nur jedes fünfte Unternehmen in Kroatien befindet die wirtschaftliche Situation als gut, aber rund die Hälfte glaubt, dass es in den nächsten Monaten besser wird. "Aus unserer Sicht ist die Talsohle erreicht und es kann eigentlich nur mehr aufwärts gehen", so die Kreditprüfungsexpertin Gudrun Meierschitz von Prisma. Durch den EU-Beitritt 2013 hat Kroatien auch mehr Mittel für Strukturmaßnahmen zur Verfügung.

Tiefpunkt überwunden

Der österreichische Außenhandelsdelegierte in Zagreb, Roman Rauch sieht die Situation für die österreichischen Unternehmen in Kroatien ähnlich. Der Tiefpunkt sei – abgesehen von der Bauwirtschaft – überwunden, so Rauch zum STANDARD. "Die Firmen, die überlebt haben, haben sich inzwischen gut aufgestellt." Auch der Konsum nehme seit etwa acht Monaten wieder leicht zu – unter anderem wegen niedrigerer Energiepreise. Die Arbeitslosigkeit steige zumindest nicht weiter, dafür nehmen die Exporte zu.

Laut der Prisma-Umfrage denken 18 Prozent, dass der Export – der in Kroatien schwach ausgeprägt ist – weiter steigen wird. Genauso viele Unternehmer denken daran, kommendes Jahr selbst mehr zu investieren. Rauch kann die negativen Aspekte der Studie, die "Dauerbrenner: Bürokratie, schwierige Finanzierungsbedingungen, Korruption" nur bestätigen. Für 2015 erwartet er Stagnation, beziehungsweise "ganz leichtes Wachstum", die Arbeitslosigkeit, insbesondere bei den Jugendlichen, bleibe hoch.

Kritik an hohen Schulden

Rauch kritisiert auch die lahme Politik und die hohe Staatsverschuldung. "Die EU sollte Kroatien endlich auf Einhaltung der notwendigen Reformen drängen", fordert er. Schließlich läuft gegen Kroatien ein Defizitverfahren. Doch Rauch kennt die Situation gut genug, um zu wissen, dass dies frühestens nach den Wahlen im Herbst passieren wird. Fraglich ist für ihn auch, ob Kroatien überhaupt mehr EU-Fördermittel wird abschöpfen können. "Ohne dieses Schmiermittel wird die Wirtschaft weiterhin Sand im Getriebe haben."

Was die Prisma-Studie betrifft, so mutet die Selbstwahrnehmung über die "Zahlungsmoral" in Kroatien durchaus amüsant an. Nur rund ein Viertel der Befragten beklagt sich über schlechte Praktiken. In Österreich würde dies wohl ganz anders wahrgenommen werden.

Schaut man sich das Ranking ein wenig näher an und vergleicht man es mit der alltäglichen Wahrnehmung in Südosteuropa, dann kommen ohnehin Zweifel hoch. Denn laut der Umfrage bekommt Kroatien auf dem Balkan-Wirtschaftsindex nur 64 von 100 Punkten, Serbien und Bosnien-Herzegowina kommen auf 79 Punkte. Die wirtschaftliche und soziale Situation in Bosnien-Herzegowina ist allerdings – und das ist mit freiem Auge ersichtlich – faktisch viel schlechter als jene in Kroatien.

Wenig aussagekräftige Selbsteinschätzung

Einer der Gründe für diese Diskrepanz könnte in der – im Vergleich relativ wenig aussagekräftigen – Selbsteinschätzung der Befragten liegen. Der Thinktank European Stability Initiative (Esi) verwies kürzlich auf den "Doing Business Report" der Weltbank und seine erstaunlichen Ergebnissen. So übertraf 2007 Georgien in dem Ranking etwa Deutschland und Mazedonien die Schweiz.

Esi ging der Sache auf den Grund: Einer der Indikatoren für das Messen des Wirtschaftsklimas ist die Korruption, die etwa von Transparency International abgefragt wird. Schaut man sich die Zahlen für 2013 an, so hielten etwa 54 Prozent der Deutschen die Medien für korrupt – nur 34 Prozent der Kosovaren teilten diese Meinung. 37 Prozent der befragten Deutschen sahen auch in "religiösen Körperschaften" Korruptionsprobleme – im Kosovo waren es nur 17 Prozent. Wenn es um Korruption im Business ging, so erkannten 61 Prozent der Deutschen, aber nur 52 Prozent der Kosovaren in diesem Bereich ein Problem. Auch im öffentlichen Dienst sieht der Deutsche (49 Prozent) mehr Korruptionsrisiko als der Kosovare (44 Prozent). (Adelheid Wölfl, 8.5.2015)