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Bis das österreichische Eisenbahngesetz EU-konform ist, werden noch viele Züge abfahren. Angekommen ist inzwischen jede Menge Kritik an geplanten gesetzlichen Änderungen.

APA / Neubauer

Wien - Der Rechnungshof (RH) ist mit dem vom Verkehrsministerium geplanten neuen Eisenbahngesetz nicht zufrieden. Er sieht die zwecks Transparenz bei Kosten und Finanzflüssen notwendige Trennung von Absatz und Infrastruktur gefährdet. Um unerlaubte (weil wettbewerbsverzerrende) Quersubventionierung zwischen ÖBB-Unternehmensteilen zu vermeiden, reiche es nicht aus, "öffentliche Zuwendungen" auszuschildern.

"Aus Gründen der Transparenz erachtet es der RH als erforderlich, sämtliche Mittelflüsse jedenfalls in getrennten Rechnungskreisen nach jeweiliger Mittelherkunft und die in den jeweiligen Tätigkeitsbereichen eingesetzten Mittel ersichtlich zu machen", heißt in der Stellungnahme des RH zu dem von Verkehrsminister Alois Stöger (SPÖ) veröffentlichten Gesetzesentwurf. Die Einschränkung auf "öffentliche Finanzmittel" – sie erbringen Bund, Länder und Gemeinden für sogenannte gemeinwirtschaftliche Leistungen (GWL) wie Schüler- und Lehrlingsfreifahrten oder Pendlerzüge –, reiche nicht aus. Sie stelle einen Rückschritt gegenüber geltendem Recht dar, das den Transfer von Mitteln für Schieneninfrastruktur zu anderen Unternehmensbereichen verbietet.

Zu stark zentral gesteuert

Des Weiteren nützt RH-Präsident Josef Moser, bis 2004 selbst im Vorstand der ÖBB-Vorgängerin Hochleistungs-Strecken-AG, die geplante Gesetzreform für einen Rundumschlag gegen die enge personelle Verflechtung der Teilkonzerne. Eine Holding zur Steuerung der Staatsbahn sei wohl EU-konform, "die Aktivitäten der ÖBB-Holding gingen aber weit über die im Bundesbahnstrukturgesetz festgelegte Zielsetzung einer einheitlichen strategischen Ausrichtung der operativen Gesellschaften hinaus." Durch dieses zentral geführte System "wird die in Gemeinschafts- und Eisenbahnrecht vorgesehene Unabhängigkeit der einzelnen Gesellschaften gefährdet", heißt es.

Was die staatlichen Buchprüfer noch einfordern: eine Darstellung der Auswirkungen der Gesetzesnovelle auf bestehende Zuschussverträge für die ÖBB. Selbige machen pro Jahr rund 1,8 Milliarden Euro aus. Hintergrund des Begehrens dürfte der neue Austrotakt sein, der bis 2018 implementiert werden soll. Wird er ausschließlich vom ÖBB-Personenverkehr erbracht, wie aus dem Gesetzesentwurf ableitbar, sollte sich der Bund auf bedeutend höhere Zuschüsse für Pendlerzüge einstellen. Bis 2019 zahlt die Republik allein für Personennah- und Regionalverkehrszüge pro Jahr rund 600 Millionen Euro (Schülerbusse et cetera nicht inkludiert).

Im Takt zum Debakel

Zur Erinnerung: Der 1991 implementierte "Neue Austrotakt" geriet zum Finanzdebakel, weil es an Fahrgästen fehlte und "Geisterzüge" unterwegs waren.

Zu weit geht die vorgeschlagene Gesetzesreform hingegen dem Justizministerium. Die Androhung des Entzugs der Lizenz zum Fahren im Fall eines Insolvenzverfahrens sei mit dem österreichischen Insolvenzrecht nicht kompatibel. Dies dann, wenn ein Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) in Zahlungsschwierigkeiten gerät und bei Gericht ein Insolvenzverfahren mit Sanierungsplan anmeldet. Verliert das Unternehmen in dieser Situation die Verkehrsgenehmigung, wäre ein gerichtlich genehmigter Sanierungsplan obsolet. Daher sollte der Konzessionsentzug erst ansetzen, wenn die Erfüllung des Sanierungsplans "offensichtlich nicht möglich sein wird".

Zu starke Eingriffe

Nicht goutiert wird von der Justiz des Weiteren, dass die Regulierungsbehörde Schienen Control Kommission weiterhin mit mindestens einem ordentlichen Richter besetzt werden soll. "Personen mit ausreichender Sachkunde" würden reichen, heißt es unter Hinweis auf die angespannte Personalsituation im Justizwesen.

Die vom Verkehrsministerium geplanten Eingriffe in Entscheidungen des Bahnregulators gehen übrigens sogar der ÖBB-Holding zu weit. Die EU-Richtlinie sehe hinsichtlich Sicherheit und Wettbewerb wohl eine bessere Abstimmung und Empfehlungen der Behörden vor, eine "Kannbestimmung" reiche dafür aber vollends aus. (Luise Ungerboeck, 8.5.2015)