Dass Israels bisheriger und nächster Premier Benjamin Netanjahu nun mit einer derart erbärmlichen Rechtskoalition dasteht, ist zum Teil seine Schuld; zum Teil liegt es aber auch einfach am Wahlergebnis. Netanjahus Likud ist mit Abstand die größte Partei geworden, aber der "große Sieg" war eine optische Täuschung. In Wahrheit hatten die Rechtsparteien zusammengerechnet Mandate verloren - übrigens zum zweiten Mal in Folge. Dadurch wurde Netanjahu von jedem einzelnen der potenziellen rechten Partner abhängig, also erpressbar.

Im Wahlergebnis und in der jetzigen Koalition findet sich eine Konstante der israelischen Politik wieder: eine Pattsituation, in der die Rechte und die Linke einander ungefähr die Waage halten. Es gibt keinen klaren Auftrag des Wählers an das eine oder das andere Lager. Dabei gibt es eigentlich ein breites Zentrum, aus dem heraus man durchaus gemeinsam etwas Vernünftiges machen könnte - ohne die Extreme. Aber man findet sich halt fast nie zu einer großen Koalition zusammen - und wenn doch, dann hält das nicht lange.

Auch das letzte Wahlergebnis hätte nach einer Koalition von Likud und Arbeiterpartei verlangt - aber Oppositionschef Yitzhak Herzog hat sich von Anfang an dagegen gesperrt, und Netanjahu hat es gar nicht wirklich versucht. Zwangsläufig ist er damit in einen Ausverkauf nach rechts geschlittert - und den Preis bezahlen die Israelis. (Ben Segenreich, 7.5.2015)