Jochen Traars "Eier des Columbus" stehen in der Schau "Von dort nach da und zurück" sinnbildlich für die blutige Kolonialzeit.

Foto: Jochen Traar

St. Veit an der Glan - Das Obergeschoß der Herzogburg in St. Veit wurde im Mittelalter als Rüstkammer benützt. Einnisten möchte man sich da nicht. Der Raum, der zu den schönsten Ausstellungsorten Kärntens zählt, tritt derzeit in einen spektakulären Dialog mit dem Martialischen an den Phantasmagorien des 2012 verstorbenen Bildhauers Bruno Gironcoli.

Die starke Ausstellung, von der Galerie Herzogburg organisiert, von Ulli Sturm kuratiert und, was Gironcoli betrifft, fast ausschließlich mit Leihwerken der Innsbrucker Galerie Thoman bestückt, kann als temporärer Ersatz für das Kärntner Gironcoli-Museum angesehen werden: Das blieb, zuerst laut begackert, vor zwölf Jahren bekanntlich eines der ungelegten Eier des damaligen Landeshauptmanns. Apropos Eier: Kombiniert werden in der Schau die Arbeiten Gironcolis mit jenen seines "Schülers" Jochen Traar, unter denen die neuen, mannshohen "Eier des Columbus" den prominentesten Platz erhalten haben. Unter dem Geläut von Schiffsglocken erschaukeln sie sich in naiver Entdeckungslust das ganze Blutmeer des Kolonialismus.

In seiner Pariser Zeit wurde Gironcoli bekanntlich durch die Begegnung mit den Werken von Alberto Giacometti überzeugt, dass sich die Darstellung des Menschen nicht in der Wiedergabe seines realen Umrisses erschöpft.

Seine "Figuren" formen den Menschen in das um, was er im Allgemeinen anrichten will. Es sind Werkzeug gewordene Apparate, denen Bedrohlichstes anhaftet. Noch appelliert der Kinderwagen, der den Besucher im Garten vor der Galerie empfängt, an den Beschützerinstinkt, bis man gewahrt, dass sich hier ein Kind zu einem ganzen Kinderwagen auswächst, der einen spitzen Keil gegen alle Paare richtet, die ihn etwa anzuschieben wünschen.

Vom schauderhaften "Brennenden Kind" führt die wohldosierte, dennoch repräsentative Schau zu einer Auswahl großformatiger Spätwerke. Die leichte Erfassbarkeit ihrer Form steht im Widerstreit zur Monstrosität der Chimären, die der Künstler Skulptur um Skulptur rätselhafter aus den Abgründen der menschlichen Seele auftauchen lässt. Hieronymus Bosch hätte die reinste Freude daran gehabt.

Äußerlich im Überwiegen der metallischen Silberfarbe und innerlich in der gleichen Grundsätzlichkeit kommunizieren die ausgestellten jüngeren Arbeiten Jochen Traars mit der höchstkarätigen Konkurrenz. In der Arbeit Hang the Fucking Zoo arbeitete der Künstler bis zuletzt mit hängenden Luftmatratzen an der Umsetzung des neuen Mittelmeerbildes zwischen Urlaubsklischee und Flüchtlingsgrab.

Mit der Installation Who is Afraid of Red, Yellow and Blue ironisiert er in Verbeugung vor Barnett Newman die leichte Farbenscheu, die man der Ausstellung nachsagen könnte. Aber dann werden die Spiegelarbeiten, von denen auch eine eindrucksvolle vierteilige Fries-Version gezeigt wird, am Ende doch mit einem sinnlich pastellfarbenen Rosa unterlegt, das für die Augen eine wunderbare Brücke zum Hintergrund des größten vertretenen Tafelbilds von Gironcoli schlägt, einer titellosen, großformatigen Silberlackvision von 1980. (Michael Cerha, 7.5.2015)