Wien - Die Kommission für wissenschaftliche Integrität verzeichnet in ihrem Jahresbericht 2014 eine "Konsolidierung des Bilds" ihrer sechsjährigen Tätigkeit. "Spektakuläre Fälle der Datenmanipulation" würden kaum angezeigt - vielmehr rücke ein "anderer Typus von Fehlverhalten" in den Vordergrund: Plagiatsfälle, Autorenkonflikte und "Probleme der professionellen und fairen Betreuung von Doktoranden".

Die Kommission ist ein Organ der 2009 als Verein gegründeten Österreichischen Agentur für wissenschaftliche Integrität (OeAWI). Ihr gehören mittlerweile alle Unis sowie die großen Forschungseinrichtungen und Förderagenturen an. Die aus internationalen Experten zusammengesetzte unabhängige Kommission untersucht Vorwürfe wissenschaftlichen Fehlverhaltens in Österreich, bewertet die Schwere eines Verstoßes und unterbreitet Vorschläge für weitere Maßnahmen. Ob und in welcher Form diese gesetzt werden, obliegt den betroffenen Einrichtungen.

Probleme im zwischenmenschlichen Bereich

In seinem Vorwort führt Kommissions-Vorsitzender Peter Weingart Autorenschaftskonflikte auf den "gewachsenen Publikationsdruck auf den wissenschaftlichen Nachwuchs" zurück. Diese würden vor allem in "hierarchisch gefassten und kollektiv arbeitenden Disziplinen auftreten". Probleme der Doktoranden-Betreuung seien nicht neu, hätten aber mittlerweile die Aufmerksamkeit und Sensibilität der Unis gefunden: "Obgleich die Standards einer professionellen, verantwortungsbewussten Betreuung und Begutachtung eine Selbstverständlichkeit sein sollten, gibt es immer wieder Verstöße auf Kosten der Abhängigen dagegen."

Damit verschiebe sich auch die Tätigkeit der Kommission etwas: "Von den eindeutig belegbaren Fällen zu solchen, die in die Komplexität zwischenmenschlicher Beziehungen führen und schwerer zu beurteilen sind."

Zahlen und Fakten

Die Agentur hat seit 2009 insgesamt 82 Anfragen bearbeitet, von denen 29 zur Aufnahme eines Verfahrens führten. Die meisten solcher Fälle betrafen die Sozial- und Geisteswissenschaften (zehn), gefolgt von der Medizin und den Lebenswissenschaften (je sieben) sowie den Natur- und Technikwissenschaften (drei) bzw. den Rechtswissenschaften (zwei).

2009 startete die Agentur mit fünf Anfragen, die dann zu einem Fall wurden, im Jahr darauf waren es elf Anfragen und fünf Fälle. Der Höhepunkt wurde 2011 mit 30 Anfragen und neun Fällen erreicht., 2012 waren es nur mehr 13 Anfragen und sechs Fälle, 2013 wieder 13 Anfragen und zwei Fälle, 2014 neun Anfragen und sechs Fälle.

Einzelfälle

Abgeschlossen wurde von der Kommission unter anderem ein Fall von Datenfälschung, der auch einen früher an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität (PMU) tätigen Wissenschafter betraf. Dieser hatte Datenmanipulation im Zuge einer früheren Tätigkeit in Deutschland eingestanden, die daraus entstandene Arbeit wurde dann veröffentlicht und der Autor der PMU zugeordnet. Die Publikation wurde zurückgezogen, der Mitarbeiter verließ die PMU freiwillig und wurde darüber hinaus mit Antragssperren bedacht.

Ansonsten bestätigte die Kommission etwa einen Plagiatsverdacht einer Förderagentur bei einem aus verschiedensten Quellen zusammengestückelten Projektantrag, verwarf Vorwürfe gegen einen Gutachter, der Informationen aus einem Projektantrag für seine eigene Forschung verwendet haben soll, und schlichtete einen Streit zwischen Wissenschaftern, wer als Letztautor einer Publikation aufscheinen sollte. (APA, 6.5. 2015)