Fast jeder Mensch trägt Herpesviren in sich. Zumeist überdauern die Viren jedoch inaktiv im Körper. Probleme bereitet das Virus zumeist nur, wenn das Immunsystem des Wirts geschwächt ist.

Den Mechanismus wollen Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig gemeinsam mit Kollegen aus vier weiteren europäischen Forschungseinrichtungen nun genauer untersuchen. Das Ziel der Forscher: Die Erkenntnisse könnten potentiell zu neuen Therapieansätzen führen.

Herpesviren können eine ganze Reihe unterschiedlicher Erkrankungen hervorrufen, wie beispielsweise Lippenherpes, Gürtelrose oder Windpocken. Typisch für die Viren der Herpesfamilie ist, dass sie nach einer überstandenen Infektion nicht vollständig aus dem Körper verschwinden. Sie gehen in ein Latenzstadium über und können so unbehelligt im menschlichen Körper überleben.

Zumeist ohne Probleme für den Menschen zu verursachen. "Erst wenn das Immunsystem durch eine andere Erkrankung geschwächt ist, werden die Erreger wieder geweckt und führen zu Problemen", sagt Luka Cicin-Sain, Leiter der Nachwuchsgruppe Immunalterung und Chronische Infektionen am HZI.

Viren und Wirt interagieren

Gemeinsam mit Kollegen der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, des Karolinska Instituts in Schweden, der University of Veterinary Medicine in Wien und der Université de Bordeaux in Frankreich, will Cicin-Sain herausfinden, wie genau der Übergang in das Latenzstadium verläuft.

Mit Hilfe von Methoden aus der Systembiologie und genetischen Manipulationen von Viren und Wirtszellen soll geklärt werden, unter welchen Umständen ein Virus eine sofortige Infektion verursacht und unter welchen er in ein Latenzstadium übertritt. "Wenn wir das verstehen, können wir den Mechanismus vielleicht nutzen, um neue Medikamente und Therapieansätze zu entwickeln", sagt Cicin-Sain. "Wir könnten versuchen das Virus quasi im künstlichen Koma zu halten".

Mit vereinten Kräften

Mit Infect-ERA fördert die Europäische Kommission Projekte im Bereich menschlicher Infektionskrankheiten. Hauptziel ist es, die europaweite Forschungsförderung enger aufeinander abzustimmen. Für Cicin-Sain liegt darin die Stärke der nun startenden Initiative: "Die verschiedenen Arbeitsgruppen haben unterschiedliche Expertisen und die können wir nun bündeln, um gemeinsam einen wichtigen Schritt im Kampf gegen Infektionen mit Herpes-Viren zu machen". (red, idw, 6.5.2015)