So sieht ein echter kanadischer Assistenzhund aus. Fälschungen erkennt man vor allem am Verhalten.

Foto: B.C. and Alberta Guide Dogs

Über gefälschte Uhren oder Taschen wundert sich niemand mehr. In Kanada sind den Behörden neuerdings aber gefälschte Blinden- und andere Assistenzhunde ein Dorn im Auge. In der Provinz British Columbia führt die Regierung nun ein Gesetz ein, das diesem Missbrauch einen Riegel vorschiebt.

"Es geht nicht um Ausnahmefälle, das nimmt überhand", sagt William Thornton, Gründer der British Columbia Guide Dog Services, einer Organisation für die Ausbildung von Blindenführhunden. Jedes Mal, wenn er in Vancouver sei, sehe er einen falschen Diensthund. Thornton erkennt sie an ihren gefälschten Hundewesten oder erfundenen Kennzeichen - und am aggressiven, untrainierten Verhalten: Die Imitationen attackieren legale Blindenführhunde, bellen unablässig oder verrichten ihr Geschäft in öffentlichen Gebäuden.

Zahlreiche Klagen

"Ich bekomme ständig Anrufe von Leuten, die sich beklagen", sagt Thornton. Kürzlich habe ein Gastwirt gefragt, ob es normal sei, dass ein Assistenzhund auf einem Sessel sitze und von einem Teller auf dem Tisch fresse. "Solche Verstöße geschehen nicht nur hier in British Columbia, sondern in ganz Nordamerika", sagt Thornton. Das habe damit zu tun, dass die Besitzer ihren Hund überallhin mitnehmen möchten: ins Flugzeug, in die Bibliothek, in die öffentlichen Verkehrsmittel, zu Universitätsvorlesungen und ins Hotel.

Dank des Internets wird es ihnen leicht gemacht, ihren Hund als Blinden- oder anderen Führhund auszugeben. Viele Webseiten bieten erfundene und gefälschte Hundewesten mit Aufschriften wie "Ich bin ein Therapiehund" oder "Ich bin ein emotionales Unterstützungstier" an. Unternehmen verkaufen Mäntelchen für 20 US-Dollar und Identitätskarten für 70 Dollar.

Bußen für Hochstapler

Unter dem neuen Gesetz, das in einigen Monaten in Kraft treten dürfte, müssen sich die Halter von Blinden- und Führhunden in ein Register eintragen lassen. Sie erhalten eine Identitätskarte der Regierung. Hochstapler mit falschen Assistenzhunden können sich künftig eine Buße einfangen.

"Es geht auch darum, dass die Öffentlichkeit vor solchen untrainierten Assistenzhunden geschützt wird", sagt Laura Watamanuk, Leiterin der Pacific Assistance Dog Society in Burnaby. "Solche Missetäter bringen unsere Invalidenführhunde in Misskredit, denn die Leute können den Unterschied nicht sehen." In den USA gehen manch prominente Hundebesitzer mit schlechtem Beispiel voran. So nehmen Stars wie Ryan Gosling oder Henry Cavill ihre untrainierten Hunde, die mit Pseudowesten als "emotionaler Unterstützungshund" gekennzeichnet sind, in den Flieger mit.

Während British Columbia den Wildwuchs per Gesetz eindämmt, geht in den USA der Trend zu untrainierten Assistenztieren ungehindert weiter. Ob Minipferde, Hängebauchschweine oder Kapuzineraffen - es gibt immer jemanden, der nie von seinem Tier getrennt sein will und ihm dafür ein falsches Mäntelchen umhängt. (Bernadette Calonego aus Vancouver, DER STANDARD, 6.5.2015)