Im QS World University Ranking vom Vorjahr rangiert die ETH Zürich im Bereich Umweltwissenschaften weltweit auf Platz drei, gleich nach den Universitäten von Berkeley und Harvard und punktegleich mit der Universität Cambridge.

Foto: ETH Zürich/Esther Ramseier

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Der Wissenschaftsstandort Schweiz steht für einen weltoffenen Zugang zu Forschern. Mehr als 50 Prozent aller Topwissenschafter kommen aus dem Ausland. Hier drei Beispiele: Albert Einstein, Erwin Schrödinger und Ernst Fehr, Letzterer ist heute Wirtschaftswissenschafter an der Uni Zürich.

Fotos: AP, Uni Zürich

So knapp wie das Eishockeyspiel Schweiz gegen Österreich – 3:4 im Penaltyschießen – geht der Ländervergleich in Forschung und Entwicklung nicht aus. Und er endet vor allem zugunsten der Eidgenossen: Die Schweiz gibt im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) das Doppelte für die Grundlagenforschung aus. Außerdem schneidet sie in internationalen Hochschulrankings deutlich besser ab, hat nur 15 Unis (im Vergleich zu 33 österreichischen Universitäten), dafür haben aber 43,8 Prozent der Bevölkerung (Vergleichszahl: 26,3 Prozent) einen Hochschulabschluss. Der Verdacht liegt nahe, dass da etwas deutlich besser und effizienter läuft als hierzulande.

"Wir sind so gut aufgestellt, weil wir eigentlich keine Innovationspolitik betreiben", sagt Mauro Dell'Ambrogio, Staatssekretär für Bildung, Forschung und Innovation, gegenüber F&E-Experten und Journalisten aus Österreich. Soll heißen: Das Land versteht sich als Ermöglicher und wendet in langer liberaler Tradition kaum Regeln an. Zuletzt erreichte man immer Topplatzierung im Innovation Union Scoreboard von EU und assoziierten Ländern.

Man gibt sich sehr offen in diesem Innovationsparadies. "Mehr als 50 Prozent aller Universitätsprofessoren in der Schweiz haben keinen Schweizer Pass. Das Land weist die höchste Zahl an Nobelpreisen pro Kopf auf. Hier arbeitete schon in der Vergangenheit Albert Einstein als kleiner Patentamtangestellter, auch der Physiker Erwin Schrödinger lebte hier. Der Österreicher Ernst Fehr, Wirtschaftswissenschafter an der Uni Zürich, gilt seit mehreren Jahren ebenfalls als aussichtsreicher Kandidat. Auch Unternehmen wie der Pharmariese Roche brauchen den Zuzug qualifizierter Fachkräfte aus dem Ausland. Eine Volksinitiative gegen Masseneinwanderung im vergangenen Jahr hat am Bild des weltoffenen Universitätslandes gekratzt. Nach einem zwischenzeitlichen Ausschluss von EU-Forschungsförderungen ist die Schweiz nun wieder teilassoziiert, eine volle Gleichberechtigung wird angestrebt.

Die Universitäten haben alle Freiheiten bei der Gestaltung ihrer Studien- und Forschungsschwerpunkte, damit diese sich marktwirtschaftlich nach den Gegebenheiten am Hochschulsektor richten können. Dadurch entsteht ein Wettbewerb der Unistädte und ihrer Fach- und Forschungsrichtungen – und der kann dazu führen, dass eine Hochschule einen Studienzweig schließt, wenn er von Studenten nicht so stark nachgefragt wird wie in einem anderen Kanton.

Gut dotierter Fonds

Mit Ausnahme der ETH Zürich und der EPF Lausanne unterstehen die Hochschulen nicht dem Bund, sondern den Kantonen. Eine Regionalisierung, die zu einem außergewöhnlichen Finanzierungssystem führte: Die Schweizer Unis erhalten neben den Grundbeiträgen von Bund und Standortkanton auch Mittel von jenen Kantonen, aus denen Studenten in die Unistadt "zuwandern". Und sie können mit Drittmitteln für Forschungsprojekte durch den gut dotierten Schweizerischen Nationalfonds (SNF) rechnen. Diese Stiftung schüttet etwa 840 Millionen Schweizer Franken (807 Millionen Euro) jährlich aus. Der Wissenschaftsfonds FWF hat etwa 211 Millionen Euro zur Verfügung. Die Bewilligungsquoten in der Schweiz klingen für österreichische Verhältnisse unerreichbar: 50 Prozent im Vergleich zu 21 Prozent im FWF.

In einem weiteren Punkt unterscheiden sich die F&E-Fördersysteme der Schweiz und Österreichs: Die Eidgenossen haben zwar eine Wirtschaftsförderung, die Unterstützung der anwendungsorientierten Forschung ist allerdings nicht die Sache des Staates. Die Unternehmen hätten gesagt: "Die Anwendungsforschung ist unsere Sache. Bitte raushalten!", erzählt Mauro Dell'Ambrogio.

Keine Mittel für Firmen

Die Kommission für Technologie und Innovation (KTI) fördert Kooperationen zwischen Unis und der Wirtschaft, aber hat dafür klare Bedingungen. Die Mittel – nur 50 Prozent der Projektsumme – fließen ausschließlich in Richtung Unis. Die anderen 50 Prozent müssen die Unternehmen bereitstellen. Das Budget der Kommission betrug 2013 etwa 125 Millionen Euro, das ist ein Bruchteil des Geldes, das der Schweizerische Nationalfonds (SNF) zur Verfügung hat. "Damit haben wir gar kein Problem", sagte der derzeitige KTI-Direktor Andreas Reuter. Man habe eben die Philosophie, die Grundlagenforschung stärker zu fördern.

Das österreichische Pendant zur KTI ist die Forschungsförderungsgesellschaft FFG, die 2014 eine Mittelbindung von 492 Millionen Euro aufweisen konnte. In der Schweiz wäre das undenkbar – genauso wie die steuerliche Erleichterung für Unternehmen mit F&E-Ausgaben, die derzeit bei zehn und ab 2016 bei zwölf Prozent liegt und in Österreich dazu führte, dass mehr KMUs Forschung betreiben. "Wir haben darüber nachgedacht", sagt Reuter. Man habe sich aber entschieden, die Prämie nicht einzuführen. Sie würde das Bild vom Markt verzerren. Das Innovationsklima in der Schweiz braucht solche Anreize nicht mehr.

"Hier will man an die Spitze", sagt Stephan Feldhaus, Leiter der Group Communication bei Roche. In Österreich habe er nicht diesen Eindruck gewonnen, obwohl häufig davon die Rede sei, Innovation-Leader wie die Schweiz werden zu wollen. "In Österreich ist man willentlich im Mittelmaß." (Peter Illetschko aus Bern, 7.5.2015)