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Pius Strobl, Song-Contest-Eventmanager im Dienste des ORF.

Foto: APA/JOHANNES BRUCKENBERGER

Wien – Die Vorbereitungen für den 60. Eurovision Song Contest in Wien liegen laut ORF im Zeitplan. "Wenn nichts für uns Unlenkbares passiert, wird aus heutiger Sicht alles planmäßig über die Bühne gehen", sagte Song-Contest-Eventmanager Pius Strobl im Interview mit der APA. Die Wiener Stadthalle ist bis 24. Mai Hochsicherheitszone.

Sonderkommandoteams mit Sprengstoffsachverständigen und Sprengstoffhunden sowie private Sicherheitskräfte sind bereits seit Wochen im Einsatz. "Wir gehen kein Risiko ein. Man kann sich bei uns sicher fühlen. An der Sicherheit zu sparen, wäre nach Paris und Kopenhagen fahrlässig", sagte Strobl.

Beim Ticketing zeichnet sich mit an die 95.000 verkauften Karten für neun Shows ein Rekord ab. "Wir haben jetzt schon deutlich mehr Karten verkauft als die Song-Contest-Veranstaltungen in den vergangenen Jahren." Auch das ORF-Budget für den Song Contest sieht der ESC-Manager im Plan. "Es wird so wie in jedem Budget Verschiebungen in verschiedenen Positionen geben, aber das Budget wird halten." Über 1.700 Journalisten aus aller Welt hätten sich für den Singwettbewerb akkreditiert.

Zum Job des Song-Contest-Event Managers:

Strobl: "Ich bereue es natürlich nicht, den Job übernommen zu haben. Das ist der spannendste Projekt-Management-Job in diesem Land und eine tolle Herausforderung. Wir sind zurzeit wahrscheinlich die am breitesten aufgestellte Event-Agentur Österreichs. Aber das Projekt hat eine Größe und Dimension, die ich mir vorher nicht vorstellen konnte. Wir haben das Projekt in 84 Teilprojekte, von der Sicherheit bis zum Crew-Catering zerlegt. In der Wiener Stadthalle arbeiten irgendwann bis zu tausend Leute am Tag. Mein letzter Gedanke vor dem Einschlafen dreht sich um den Song Contest und meist mein erster Gedanke beim Aufwachen, und manchmal werde ich auch in der Nacht wach ... Das Um und Auf so einer Projektdimension ist es, die richtigen Leute zu finden, die richtige soziale Mischung zu erahnen, um am Ende ein Team zu bilden ... Leute, die für ihre Bereiche Verantwortung übernehmen wollen und können. Letztlich kann kein Einzelner etwas so Großes allein stemmen. Mein Kernteam besteht aus 34 festen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, darunter an die zehn Heads, die jeweils mehrere Teilprojekte und größere Bereiche verantworten."

Zum Zeitplan:

Strobl: "Wir sind gut im Zeitplan, wir haben sogar Reserven. Wenn nichts für uns Unlenkbares passiert, wird aus heutiger Sicht alles planmäßig über die Bühne gehen. Wir haben bis jetzt an die dreieinhalbtausend Tonnen Material in die Stadthalle reingebracht. Am Ende werden es über viertausend Tonnen sein. Das macht 380 bis 400 Fahrzeuge, davon 350 Sattelschlepper, die Material anliefern. Zum Vergleich: ein großer Popstar wie zum Beispiel Lady Gaga hat für ihre Konzert-Tour vielleicht sechs Sattelschlepper."

Zu den Sicherheitsmaßnahmen:

Strobl: "Der Bereich um die Stadthalle und natürlich der Komplex selbst sind bis zum 24. Mai Hochsicherheitszone. Wir haben schon jetzt Sonderkommandoteams mit Sprengstoffsachverständigen und Sprengstoffhunden im Einsatz, die uns die ganze Zeit begleiten. Alles, was in die Hallen geht, wird geröntgt und von Sprengstoffhunden untersucht. Der gesamte Stadthallenkomplex ist nur mehr mit Akkreditierung zu betreten."

Zu den kolportierten Sicherheitskosten von 1,2 bis 1,3 Millionen Euro:

Strobl: "Nach den Anschlägen von Paris und Kopenhagen hat sich die geopolitische Situation verändert. Dies erfordert naturgemäß besondere Achtsamkeit auf das Thema Sicherheit. Es gibt eine enge Zusammenarbeit mit dem Innenministerium, Hunderte private Sicherheitskräfte sind im Einsatz, Röntgengeräte, Gepäckscanner, Zugangsschleusen etc. – wir gehen kein Risiko ein. Man kann sich bei uns sicher fühlen. Allerdings sollten die Song-Contest-Besucher mindestens zwei Stunden vor Vorstellungsbeginn kommen. An der Sicherheit zu sparen, wäre nach Paris und Kopenhagen jedenfalls fahrlässig. Wenn irgendetwas passieren würde, was verhindert werden hätte können, nur weil man ein paar 10.000 Euro sparen wollte, würde uns ja jeder für verrückt halten."

Zum Kartenverkauf und zur Kritik am Tranchen-Verkauf:

Strobl: "Der Erfolg gibt mir Recht. Wir haben jetzt schon deutlich mehr Karten verkauft als die Song-Contest-Veranstaltungen in den vergangenen Jahren, und zwar nicht nur für die Finalshow, sondern für neun Shows. Und wir sind mit der Nachfrage zufrieden. Mit Ausnahme der Finalshow am 23. Mai gibt es für alle Shows noch günstige Karten. Insgesamt reden wir ja von 12 Shows, von denen wir neun verkaufen, drei Shows werden nicht verkauft … Und grundsätzlich gab es einzuhaltende Vorgaben: internationale Quoten, blockierte Karten für Teilnahmeländer oder Vorverkaufskontingente für Sponsoren, die sich inzwischen aufgelöst haben. Nun können wir alles verkaufen, was wir noch haben."

Zu den Ticketeinnahmen:

Strobl: "Wir sind mit den Ticketeinnahmen jedenfalls über Plan und haben die Vorgaben vor ein paar Tagen erreicht. Wir werden an die 95.000 Karten verkaufen. Das bringt einen einstelligen Millionenbetrag an Einnahmen. Und es gibt keine einzige Freikarte. Alle Karten werden verkauft. Das sorgt für Gleichbehandlung, und es ist auch nur fair. Bei mir verlässt keine Karte ohne Geldeinbuchung das System."

Zur Funktionalität der Wiener Stadthalle:

Strobl: "Die Funktionalität der Stadthalle ist großartig. Wir konnten eine tolle Bühne aufbauen, die alle Show-Stücke spielt. Wir konnten 1.300 Scheinwerfer, große Tonanlagen sowie zig Kameras an die Decke hängen. Es funktioniert hier. Derzeit wird an Bühnenbild und Lichtdesign, Choreografie und Kameraeinstellungen, LED-Choreografie, Videoeinspielungen und Sound gearbeitet. Das Team um Regisseur Kurt Pongratz und Show-Producer Stefan Zechner plant das minutiös."

Zum Song-Contest-Budget:

Strobl: "Das Budget wird aus heutiger Sicht in Summe halten. Es wird so wie in jedem Budget Verschiebungen in verschiedenen Positionen geben, aber das Budget wird halten, und letztlich geht es um die Endsumme. Wir haben höhere Kosten für Sicherheit, aber dafür haben wir höhere Einnahmen aus dem Ticketverkauf, und wir sind auch bei den Sponsoring-Einnahmen deutlich über Plan. Am 23. Mai wird man sehen, dass jeder eingesetzte Euro gut investiert war: eindrucksvolle Bilder ohne explodierende Kosten."

Zur Bedeutung des Song Contests für Österreich:

Strobl: "Der Song Contest ist ein Fest für Alle, ein Fest der Freude, ein Fest der Toleranz. Viele Augen sind auf uns gerichtet. Es gibt bis dato 1.725 akkreditierte Journalisten. Wir haben mit 1.300 bis 1.500 gerechnet und mit einer Höchstzahl von 1.700 geplant. Es gibt ein Rahmenprogramm von Der-Dritte-Mann-Tour über die Wachau-Reise bis hin zu Kunstausstellungen und Opernführungen, und es gibt eine hohe Nachfrage nach diesen Angeboten – jeder Journalist kann unter rund 130 kostenfreien tollen Angeboten wählen. Das chinesische Staatsfernsehen wird den Song Contest übertragen, in Australien wird der Song Contest mit der australischen Teilnahme ein noch größeres Fest und wahrscheinlich überträgt auch ein US-Kabelnetzsender. Wir haben schon jetzt weltweit 4.000 elektronische Medienveröffentlichungen in Fernsehen und Online gezählt. Zeitungen sind da noch gar nicht dabei, weil es zu teuer wäre, das zu erfassen. Das ist auch ein kulturelles Spiegelbild, das durch den Song Contest in die Welt hinausgetragen wird. Das ist eine große Chance für Österreich und unseren Tourismus und der ORF liefert hier einen wichtigen Public-Value-Auftrag."

Zu einer möglichen Rückkehr in den ORF:

Strobl: "Diese Frage habe ich mir ehrlicherweise noch nicht gestellt. Die Mutmaßungen kenne ich, aber meine Zukunftsplanung sieht nach einem langen Urlaub so aus, dass ich mich wieder um Kunden meiner Kommunikationsberatungsagentur kümmern werde. Den ORF unterstütze ich gerne weite in Sachen HD und Smart Card. Mein derzeitiger ORF-Anstellungsvertrag endet am 31. Juli. Am 18. Juni gehe ich mal ein paar Tage auf Urlaub. Und ja: auch nach dem 23. Mai gibt es eine Menge an Nacharbeit für den ESC zu erledigen. Und dann geht das Leben wieder ganz normal weiter." (Johannes Bruckenberger/APA, 5.5.2015)