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Alleinstehende ältere Menschen treffen bei betreutem Wohnen auf Gleichgesinnte.

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Ein Badezimmer in einer betreuten Wohneinheit.

Foto: Silver Living GmbH

Bei betreutem Wohnen ist in Österreich in vielerlei Hinsicht noch Luft nach oben - darin waren sich die Experten bei einem Pressegespräch im Anschluss an die "Fachkonferenz Betreutes Wohnen" am Montag einig: Es fehlt beispielsweise an einheitlichen Definitionen und Rahmenbedingungen. Auch die Immobilienwirtschaft ist auf die dank demographischer Entwicklungen zukunftsträchtige Asset-Klasse noch nicht wirklich aufgesprungen: 30.000 betreute Wohneinheiten wären in Österreich möglich. Derzeit gibt es 11.000.

Diese Zahlen wurden nun erstmals von der ARGE Betreutes Wohnen erhoben, wie Wolfgang Amann vom Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen berichtete. Die jährliche Bauleistung liege bei 1.300 betreuten Wohneinheiten, was drei Prozent des Neubaus ausmache. Besonders in Niederösterreich, Salzburg und dem Burgenland hätte das betreute Wohnen aber bereits einen hohen Stellenwert.

Am Montag präsentierte sich erstmals der Dachverband Betreutes Wohnen, der aus gemeinnütziger und gewerblicher Wohnungswirtschaft und sozialen Dienstleistern besteht. Vor den Mitgliedern liegen viele Herausforderungen: "Das Produkt bedarf einer Schärfung. Denn jeder kennt den Begriff, aber nur wenige wissen, was er bedeutet", sagte Amann. "Betreutes Wohnen ist kein Pflegeheim", betonte Walter Eichinger von der Silver Living Gmbh. "Es ist auch kein Pflegeheim Light. Es ist ein Leistungsprofil für ältere Menschen." Bei betreutem Wohnen gehe es um barrierefrei zugängliche und nutzbare Wohnungen in Kombination mit seniorenbezogenen Dienstleistungen.

Unterschiedliche Bestimmungen

Eine weitere "Unschärfe": Zwar fördern alle Länder senioren- oder behindertenbezogene Maßnahmen im Rahmen der Wohnbauförderung, allerdings mit unterschiedlichen Modellen. Selbst bei der Definition gibt es Unterschiede. Christian Struber, Bundesobmann der Arge Eigenheim und Vizepräsident des Hilfswerks, forderte zudem auch eine Zweckbindung von Mitteln aus der Wohnbauförderung für betreutes Wohnen: "Denn dieser Markt wächst weiter."

Angebote gibt es derzeit noch hauptsächlich von Gemeinnützigen: Bei ihnen liegt die Miete laut Erhebungen bei sechs bis zehn Euro pro Quadratmeter, zudem sind die nötigen Eigenmittel gering. Insgesamt bleibe die Miete so bei unter 500 Euro für einen alleinstehenden Haushalt. Doch auch gewerbliche Angebote gibt es: Bei diesen liegt die Miete meist bei über neun Euro pro Quadratmeter, insgesamt bleibe die Miete aber meist unter 1000 Euro im Monat. Beide Optionen sind laut Amann übrigens deutlich günstiger, als der Platz in einem Pflegeheim.

Noch eine Herausforderung: Das Thema betreutes Wohnen "als immobilienwirtschaftliche Aufgabe" werde derzeit noch stiefmütterlich behandelt - besonders im urbanen Bereich gebe es "deutliche Chancen" für gewerbliche Immobilienentwicklungen.

Vorbild Deutschland

In Deutschland wurde diese Chance schon vielerorts erkannt: Hier sei die Dichte von betreutem Wohnen zweieinhalb Mal größer, 300.000 Wohneinheiten stehen dort zur Verfügung, so Amann. Deutsche Immobilienentwickler, die das Potenzial des österreichischen Marktes erkennen, machen allerdings laut Struber auf der Schwelle kehrt: Die Anzahl der Einheiten in Österreich sei viel kleiner.

Doch auch hier wird es mehr Bedarf geben: "Das lebenslange Wohnen in den eigenen vier Wänden verliert an Attraktivität", so Amann. Es gebe mehr Singles, die Menschen seien heute flexibler als früher. Viele "junge Senioren" seien zudem bereit, wieder zurück in die Städte zu ziehen.

Besonders diese Senioren seien "eine große Kundengruppe, für die Wohnprodukte geschaffen werden sollen", so Amann. 80 Prozent der Bewohner solcher Wohnungen wohnen bis zum Lebensende dort, 20 Prozent müssten in Pflegeheime übersiedeln, sagt Amann.

Chance für ländlichen Raum

Im ländlichen Raum könne betreutes Wohnen zudem zu einer Belebung der Ortskerne beitragen. Und dort wo es gut laufe, könne der Gemeinschaftsraum auch für die Menschen aus der Umgebung geöffnet werden, so Amann. Positivbeispiele fallen Struber genug ein. Etwa von einer Gemeinde, in der die Schüler der nahen Neuen Mittelschule mit den Senioren zu Mittag essen oder wo sich die Eltern-Kind-Gruppe der Gemeinde zweimal in der Woche in deren Gemeinschaftschaftsraum trifft. "Da entstehen ganz neue Bindungen", sagt er.

Neben den Angeboten, die laut Struber eine "solide Grundversorgung für Otto Normalverbraucher" darstellen, gibt es auch Bedarf an betreutem Wohnen in Mittelklasse- und Luxus-Ausführung. Ersteres Segment, in dem mit einer Miete von 1.000 bis 1.200 Euro zu rechnen sei, ist laut Struber erst im Kommen. Luxusresidenzen seien derzeit mengenmäßig vernachlässigbar. (Franziska Zoidl, 5.5.2015)