Am Morgen des 5. Mai 1945 wurde die Gemeinde Mauthausen von amerikanischen Truppen besetzt und ab Mittag begann die Befreiung der Häftlinge im Konzentrationslager Mauthausen, Gusen, Ebensee und anderen Nebenlagern

Auch 70 Jahre später zählt die Gedenkstätte zu den wichtigsten und gleichzeitig auch beklemmendsten Orten Österreichs, in denen die Geschichte des Zweiten Weltkriegs noch immer lebendig ist

Einst prangte ein drei Meter breiter, eiserner Reichsadler mit Hakenkreuz über dem Eingangstor des Konzentrationslagers Mauthausen. Das weithin sichtbare Symbol der Nazis stellte unmissverständlich klar, wer im KZ die Macht besaß.

Foto: Michael Hierner

Erste Teile des Konzentrationslagers wurden 1938 errichtet und bis 1944 schrittweise erweitert. Die Lager I, II und III, der Appellplatz, das Krankenlager und ein Zeltlager ergaben insgesamt eine Fläche von etwa 56.000 Quadratmetern.

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An der Spitze der Hierarchie stand der Lagerkommandant. Die Kommandantur, politische Abteilung, Schutzhaftlagerführung und Verwaltung sowie der SS-Standortarzt waren darunter angesiedelt. Die SS-Wachmannschaften versahen ihren Dienst auf den Wachtürmen und kontrollierten die Häftlingstransporte und Arbeitskommandos. Das Lager selbst durften sie nicht betreten.

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Das Lager war von einer 2,5 Meter hohen Steinmauer sowie einem 380 Volt führenden Stacheldraht umgeben. Versuchte ein Häftling zu fliehen, wurde er von den SS-Männern ins Lager zurückgebracht und vor den Augen der anderen Häftlinge am Appellplatz gehenkt.

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Vielen Häftlingen wurde vor ihrer Hinrichtung am Galgen Schilder mit Texten wie "Hurra, ich bin wieder da" oder "Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute doch so nah ist" um den Hals gehängt. Bilder: Kunstwerk aus der Kirche im KZ, Häftlingskleidung aus der Ausstellung.

Foto: Michael Hierner

Ein Arbeitstag im KZ betrug immer 11 Stunden und begann um 4:45 Uhr. Bei der Zählung am Appellplatz mussten sich die Gefangenen in Zwanzigerreihen barackenweise rechts und links anordnen und warteten auf das Erscheinen der SS-Leute. Nach dem "Mützen-ab-Mützen-auf-Rapport" begann der Arbeitstag mit dem Satz "Arbeitskommando formieren!"

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Bis zu 3.500 Häftlinge arbeiteten im angrenzenden Steinbruch. Der Arbeitsalltag war geprägt von Schlägen, die die sogenannten Kapos, Oberkapos oder Unterkapos im Namen der SS-Kommandoführer verteilten. In der Ausstellung im KZ wird eine originale Lore vom Steinbruch gezeigt.

Foto: Michael Hierner

Die Häftlinge des Steinträgerkommandos mussten mehrmals täglich schwere Granitblöcke über die insgesamt 186 Stufen der "Todesstiege" schleppen. Dabei starben viele aus Erschöpfung oder aufgrund von Unfällen mit den schweren Steinen. Oft wurden KZ-Insassen auch von der etwa 50 Meter hohen, fast senkrechten Felswand hinuntergestoßen und so ermordet.

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Den Befehlen der SS-Männer musste selbstverständlich gefolgt werden. Stundenlanges nächtliches Stehen oder bis zu 20 befohlene "Fenstersprünge in den Dreck" sowie das darauffolgende Waschen der Kleider sollten den Willen der Insassen brechen und sie demütigen.

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In den Baracken waren je etwa 700 Menschen untergebracht, Augenzeugen sprechen sogar von bis zu 2.000. Etwa 12 Menschen schliefen in vier Meter breiten "Fächern". Diese Betten waren bis vor kurzem auch im KZ Mauthausen zu sehen, sie wurden jedoch kürzlich entfernt, da sich Besucher hineinlegten und "lustige" Selfies darin machten.

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Noch befremdlicher ist zu erfahren, dass manche Besucher in der Vergangenheit vor dem Verbrennungsofen im Keller plötzlich Nazi-Lieder anstimmten oder den Hitlergruß machten. In den insgesamt drei Öfen wurden zahlreiche KZ-Häftlinge verbrannt. Diese Räume zählen zu den beklemmendsten Orten im Konzentrationslager.

Foto: Michael Hierner

Ab 1942 wurden die Häftlinge auch in der als Gemeinschaftsdusche getarnten Gaskammer ermordet. Nachdem die massive Stahltür verschlossen war, wurden die Opfer mit Zyklon B vergast. Die Opfer erstickten qualvoll nach einem minutenlangen Kampf mit dem Tod.

Foto: Michael Hierner

Mindestens 3.455 Menschen starben in der Gaskammer, etwa 100.000 Häftlinge wurden im KZ Mauthausen umgebracht. Der "Raum der Namen" erinnert an die zahlreichen Opfer der Nazis.

Foto: Michael Hierner

In der Ausstellung befindet sich auch eine originale Schreibmaschine, auf der einst Listen der KZ-Insassen geschrieben wurden. Ein Detail am Rande: Anstatt der Zahl "1" befand sich auf der Taste das SS-Zeichen.

Foto: Michael Hierner

Einer der Menschen auf der Liste der KZ-Insassen war Leopold Figl, der erste Bundeskanzler von Österreich nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Ebenfalls in der Ausstellung zu sehen ist ein Plakat von Engelbert Dollfuß, der 1934 von nationalsozialistischen Putschisten ermordet wurde.

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Zahlreiche Gedenktafeln befinden sich an der "Klagemauer". Häftlinge mussten hier oft tagelang (auch nachts) mit dem Gesicht zur Wand stehen und auf die Steinmauer starren. Diese Qual wurde manchmal noch gesteigert, indem sich die Häftlinge nackt ausziehen mussten und auch im Winter zusätzlich mit kaltem Wasser übergossen wurden. Viele hielten diese körperliche Strapaz nicht aus und starben vor Erschöpfung.

Foto: Michael Hierner

Heute ist das Konzentrationslager Mauthausen ein öffentliches Museum. Bereits im Mai 1948 wurde anlässlich der Befreiungsfeiern der Grundstein für das Denkmal in Form eines Sarkophags am Appellplatz gelegt.

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Auf dem Weg zum Steinbruch befinden sich weitere Denkmäler der Mahn- und Gedenkstätte, etwa das Werk "Menschen seid wachsam". Vielleicht ist dieser Spruch gerade in der heutigen Zeit aktueller denn je. (Michael Hierner, derStandard.at, 5.5.2015)

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