Salzburg – Die Stadt Salzburg wird ein sektorales Bettelverbot einführen. Der für ordnungspolitische Fragen zuständige Vizebürgermeister Harry Preuner (ÖVP) präsentierte am Montag einen entsprechenden Amtsbericht, der noch im Mai vom Gemeinderat beschlossen werden dürfte. Eine Mehrheit dafür scheint fix, seit die SPÖ unter Bürgermeister Heinz Schaden von ihrer anfangs ablehnenden Haltung abgekommen ist.

"Keiner will die Notreisenden aus der Stadt verbannen, aber wir wollen es wieder auf ein Maß zurückführen, dass die Beschwerden und die Kritik aus der Bevölkerung wieder weniger werden", sagte Preuner heute bei einem Pressegespräch. In den vergangenen Monaten hätten diese nämlich massiv zugenommen. Die Ursache dürfte in der gestiegenen Zahl an Bettlern in der Mozartstadt liegen: Die Zunahme seit dem Vorjahr betrage rund 50 Prozent, informierte Preuner. Bei einer aktuellen Zählung wurden an zwei Tagen in Summe 337 Armutsmigranten, überwiegend aus Rumänien, registriert.

Kein generelles Bettelverbot

Formal stützt sich das sektorale Bettelverbot auf eine Verordnung des Landes, die es Kommunen freistellt, das Betteln dort zu verbieten, wo die ungehinderte Nutzung des öffentlichen Raumes nicht mehr möglich ist. Konkret soll das Betteln von 8 bis 19 Uhr in der Linzergasse, am Platzl, in der Getreidegasse samt Durchgängen, im Sterngäßchen, Badergäßchen, am Rathausplatz, in der Judengasse, auf der Staatsbrücke, auf dem Makartsteg und auf dem Kommunalfriedhof verboten werden.

Zudem wird es auf dem Wochenmarkt Schranne, auf dem Grünmarkt und dem Lehener Wochenmarkt von 7 bis 14 Uhr und am Rupertikirtag sowie am Christkindlmarkt von 10 bis 19 Uhr untersagt. "Das ist also mitnichten ein generelles Bettelverbot. In Summe ist es von der Fläche her ausgewogen", sagte Preuner.

Keine Gedanken hat sich Preuner offenbar darüber gemacht, wie die Umsetzung aussehen soll. Denn auf die Fragen, wie das gehandhabt werde, wie hoch die Strafen seien oder ob auch Spenden sammelnde NGOs vom Verbot betroffen seien, verwies der Vizebürgermeister auf die Polizei. Und auch die machte vorerst noch keine Angaben: "Wir haben uns immer für beschränkende Maßnahmen ausgesprochen und begrüßen daher das sektorale Verbot", sagte Polizeisprecher Michael Rausch. Über die konkrete Umsetzung werde man zu gegebener Zeit noch informieren.

Sozialpolitische Maßnahmen

Preuner und die für Soziales zuständige Vizebürgermeisterin Anja Hagenauer (SPÖ) betonten heute, dass ordnungspolitische Maßnahmen nur im Paket mit sozialpolitischen Schritten funktionieren. Sozialmaßnahmen, die nach einem Runden Tisch im Vorjahr empfohlen worden sind, seien inzwischen mehrheitlich umgesetzt, sagte Hagenauer. So werde die Stadt nun 30.000 Euro für einen Sozialarbeiter zur Verfügung stellen, der zum einen auf die Armutsmigranten zugehen und diese beraten soll, zum anderen auch Ansprechpartner für die Bevölkerung sein soll.

Mit der Suche nach einem Notquartier für 50 Bettler sei die Caritas beauftragt, hier gibt es laut Hagenauer schon ein konkretes Objekt. Außerdem unterstütze die Stadt den Virgilbus, in dem eine medizinische Grundversorgung angeboten wird, und mit 25.000 Euro im Jahr auch ein Hilfsprojekt in Rumänien.

Einmal mehr betonten die beiden Politiker, dass Salzburg alleine die Probleme der Armut in Südosteuropa nicht lösen könne. Man habe sich aber zumindest an maßgebliche Politiker in der EU gewandt.

Kritik an geplantem sektoralen Bettelverbot

Der vorgelegte Amtsbericht hat unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. Für die Plattform für Menschenrechte erfüllt die Stadt Salzburg damit ihre selbst auferlegten Verpflichtungen als Menschenrechtsstadt nicht mehr, sagte Josef Mautner.

"Unseres Erachtens nach ist das nicht mit den Bestimmungen der Charta vereinbar", sagte Mautner. "Denn die Stadt verpflichtet sich damit, gerade besonders verletzliche Gruppen in besonderem Maße zu schützen und mit besonderen Sozialmaßnahmen zu unterstützen. Mit dem Bettelverbot ist das sicher nicht getan." Vielmehr habe die Stadt Salzburg bisher noch keine der im Vorjahr empfohlenen sozialpolitischen Maßnahmen vollinhaltlich umgesetzt.

Ein Bettelverbot "ist vor dem Hintergrund des Grundsatzurteils des österreichischen Verfassungsgerichtshofes (VfGH) aus grundrechtlicher Perspektive unseres Erachtens unzulässig. Denn 'Stilles Betteln' ist dort eindeutig als Grundrecht anerkannt worden, und Grundrechte gelten universal. Ohne gravierende Gründe können sie nicht örtlich oder zeitlich aufgehoben werden, und solche Gründe (Gefährdung der öffentlichen Sicherheit, Einschränkung der Grundrechte Anderer) liegen unseres Erachtens hier nicht vor", schrieb die Plattform für Menschenrechte heute in einer Aussendung.

"Schwarzer Tag für Salzburg"

Ins selbe Horn stieß die Bürgerliste (die Grünen in der Stadt): "Heute ist ein schwarzer Tag für Salzburg. SPÖ und ÖVP wollen das Menschenrecht auf Stilles Betteln verbieten und degradieren damit die Menschenrechtsstadt Salzburg zur Farce", sagte die Vorsitzende des Sozialausschusses des Gemeinderates, Ulrike Saghi.

"Das Vorgehen von SPÖ und ÖVP könnte zynischer nicht sein: Der Runde Tisch Betteln hat soziale Maßnahmen beschlossen: ein dauerhaftes Notquartier und aufsuchende Sozialarbeit. Ein Jahr lang wurde nichts davon ordentlich umgesetzt. Und plötzlich kündigt die Vizebürgermeisterin nun Streetwork und ein Bettelverbot an - im selben Atemzug."

Auch Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ), dessen Meinungsumschwung die Mehrheit im Gemeinderat ermöglich hat, kommt bei Saghi nicht ungeschoren davon: "Von Heinz Schaden kommt nach wie vor kein Wort. Stattdessen schickt er seine Vize, Anja Hagenauer, vor, um das menschenrechtswidrige Bettelverbot durchzusetzen."

Auch FPÖ nicht zufrieden

Und auch die FPÖ ist nicht ganz zufrieden, denn ihr geht das sektorale Verbot nicht weit genug. "Die FPÖ hält auch weiter an ihrer Forderung nach einem Verbot des gewerbsmäßigen Bettelns fest. Nur so wird es gelingen, das Betteleiunwesen aus unserer Stadt gänzlich zu verbannen", so Klubobmann Andreas Reindl. "Es wurde auch Zeit, dass der Bürgermeister nach mehreren Jahren endlich den Weg für die Erlassung einer neuen Bettelverordnung freigemacht hat."

Die FPÖ fordert ein generelles Bettelverbot in der Altstadt und ein "rigoroses Vorgehen der Polizei gegen das organisierte und aggressive Betteln in Salzburg". Zusätzlich zum Bettelverbot in der Innenstadt wollen die Freiheitlichen auch ein Bettelverbot im Bereich von Schulen, Seniorenwohnhäusern, Friedhöfen, Parkanlagen und Kinderspielplätzen. "Zur Unterstützung der Polizei sehen die Freiheitlichen die Einrichtung einer Sicherheitswache für notwendig", so Reindl. (APA, 4.5.2015)