Paris/Bangui - Ein mutmaßlicher Missbrauchsskandal erschüttert Frankreichs Armee: 14 Soldaten stehen im Verdacht, bei einem Einsatz in Zentralafrika Kinder vergewaltigt zu haben. Präsident François Hollande kündigte am Donnerstag ein "unerbittliches" Vorgehen an, sollten sich die in einem UN-Bericht erhobenen Vorwürfe bestätigen. Menschenrechtsgruppen forderten eine vollständige Aufklärung des Falls.

Auch Soldaten aus dem Tschad und Äquatorialguinea zählen laut der Organisation Aids-Free World zu den Beschuldigten. "Wenn sich einige Soldaten schlecht verhalten haben, werde ich unerbittlich sein", sagte Frankreichs Staatschef Hollande. Er kündigte "harte Strafen" an, sollten sich die Vorwürfe als wahr erweisen. Das französische Verteidigungsministerium versprach eine umfassende Aufklärung des Falls, in dem die Justiz in Paris bereits seit neun Monaten ermittelt. Die Vorwürfe sind verheerend für Frankreichs Armee, deren Ansehen durch den Skandal schweren Schaden zu nehmen droht. Frankreich spielt in zahlreichen afrikanischen Ländern eine herausgehobene Rolle als Schutzmacht.

In dem Bericht der Vereinten Nationen sagten mehrere Kinder aus, zwischen Dezember 2013 und Juni 2014 Opfer sexueller Gewalt am Flughafen der zentralafrikanischen Hauptstadt Bangui geworden zu sein, der damals von französischen Soldaten gesichert wurde. Zehntausende Menschen hatten sich dorthin geflüchtet. Den Ermittlungen zufolge sollen die Kinder im Alter zwischen neun und 13 Jahren gegen Essen oder Geld zu Sex gezwungen worden sein. Nach Angaben der Organisation Aids-Free World werden in dem Untersuchungsbericht auch drei tschadische und zwei Soldaten aus Äquatorialguinea des Kindesmissbrauchs beschuldigt.

Frankreich hatte im Dezember 2013 den Militäreinsatz "Sangaris" in Zentralafrika gestartet, um die tödliche Gewalt zwischen christlichen und muslimischen Milizen zu beenden und die Zivilbevölkerung zu schützen. Seit September 2014 ist in dem Land eine UN-Mission im Einsatz. In Bangui sprach Generalstaatsanwalt Ghislain Gresenguet von "äußerst schwerwiegenden" Vorwürfen. Er habe umgehend eigene Ermittlungen eingeleitet.

Die französische Regierung wurde bereits im Juli 2014 über die Anschuldigungen informiert, publik wurde die Affäre aber erst am Mittwoch durch einen Bericht der britischen Tageszeitung "The Guardian". Die Zeitung hatte den von UN-Mitarbeitern angefertigten Bericht von der US-Hilfsorganisation Aids-Free World erhalten.

Das Verteidigungsministerium beteuerte am Donnerstag, Frankreich wolle die Vorfälle nicht verheimlichen. "Es gibt keinen Willen, irgendetwas zu vertuschen", sagte ein Ministeriumssprecher. Das Ministerium habe sich zu "vollständiger Transparenz" verpflichtet und arbeite mit der Justiz zusammen. Laut dem "Guardian"-Bericht wurde der schwedische UN-Mitarbeiter, der den Bericht eigenmächtig an die französischen Behörden weitergeleitet hatte, vom Dienst suspendiert. Der Schwede handelte demnach aus Ärger über die Untätigkeit seiner Vorgesetzten.

Ein Sprecher des UN-Menschenrechtsbeauftragten Seid Ra'ad al-Hussein wies Vorwürfe, die UNO habe den Skandal vertuschen wollen, am Freitag entschieden zurück. Solche Verdächtigungen seien "beleidigend", erklärte Rupert Colville in Genf.

Die Organisation Save the Children forderte eine vollständige Aufklärung des Falls. Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, müssten "harte Strafen gegen die Täter verhängt werden". Auch Amnesty International verlangte "schnelle, unparteiische und unabhängige" Ermittlungen. Bereits in der Vergangenheit seien ähnliche Vorwürfe gegen Soldaten von Friedenstruppen laut geworden. Die Straffreiheit für die Täter müsse endlich beendet werden. (APA, 1.5.2015)