Wien - Mit Rettungsringen protestierten am Dienstag vor dem Kanzleramt Vertreter von 39 Hilfsorganisationen, darunter Diakonie, Caritas, Rotes Kreuz und Volkshilfe, um auf das Leid von abertausenden Bootsflüchtlingen im Mittelmeer aufmerksam zu machen. "Auslandshilfe erhöhen, Menschen retten", mahnte dazu ein Transparent. Die Anliegen des Aktivistentrupps: dass die Regierung ihren mickrigen Beitrag für die Entwicklungszusammenarbeit überdenkt ebenso wie ihre Mittel für den Katastrophenfonds, der mit gerade einmal fünf Millionen Euro dotiert ist.

Hintergrund: Die Ausgaben der Republik zur Unterstützung ärmerer Staaten sind im Vorjahr laut OECD von 0,28 auf 0,26 Prozent der Wirtschaftsleistung gesunken, damit bleibt Österreich als einer der reichsten Staaten der Union weit hinter dem 2015 auslaufenden Millenniumentwicklungsziel der Uno von 0,7 Prozent des BIP zurück, obwohl sich die Koalition dazu verpflichtet hat.

Koalition denkt um

Doch angesichts der jüngsten Dramen, die sich vor den Küsten Europas abgespielt haben, dürfte bei den Regierungsspitzen im Gebäudeinnern doch ein Umdenken stattgefunden haben. Denn nach dem Ministerrat verkündeten Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und sein Vize Reinhold Mitterlehner (ÖVP), dass die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit aufgestockt werden - um wie viel konkret soll kommende Woche im Parlament erläutert werden.

"Je weniger Menschen Angst in ihrem Land haben, umso weniger kommen auf die Idee, sich einem Schlepper auszuliefern", erklärte der Kanzler. Er hielt jedoch auch fest, dass es innerhalb der EU eine Aufteilung der Asylwerber nach Quoten brauche, denn derzeit würden einige Länder so gut wie keine Flüchtlinge aufnehmen. Zu dieser Problematik sei ein EU-Gipfel mit Vertretern Nordafrikas auf Malta geplant, dort solle auch über Wiederaufbau der Seenotrettung beraten werden.

Mitterlehner betonte, bei den Entwicklungshilfegeldern müsse "die Tendenz nach oben gehen". Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) pochte auf Anlaufstellen in Nordafrika, in denen der UNHCR Erstprüfungen für Asylwerber durchführen könnte.

Die deutlichsten Worte bezüglich der Problematik kamen von SPÖ-Klubchef Andreas Schieder: Er erklärte, es sei "eine Schande", wie wenig Geld es für die Entwicklungszusammenarbeit gebe.

Bis 2020 erfüllbar

Dazu verwies er auf einen Antrag der Entwicklungssprecher von SPÖ und ÖVP, Petra Bayr und Franz-Joseph Huainigg, der vorsieht, dass die Mittel schrittweise auf 0,7 Prozent des BIP aufgestockt werden sollen. Ein Zeitplan dafür fehlt allerdings in ihrem Begehren. Bayr hält im STANDARD-Gespräch dieses Ziel "bis 2020" für "erfüllbar" - und empfiehlt, das Ganze auch "gesetzlich abzusichern". "Mit einem Schlag" will sie jedoch den Katastrophenfonds mit 20 Millionen befüllt wissen.

Angesichts der Erdbebenopfer in Nepal machte die Regierung noch am Dienstag 500.000 Euro für Hilfe locker, dazu kommen 250.000 Euro für Lebensmittel.

(Nina Weißensteiner, derStandard, 28.4.2015)