Bodenprobenentnahme auf Spitzbergen, Norwegen.

Foto: Peter Frenzel

Tromsoe/Wien - In arktischen Torfböden lebende Mikroorganismen passen sich sehr schnell unterschiedlichen Temperaturen an. Auch wenn es deutlich wärmer als derzeit ist, können sie Methan mit hoher Effizienz produzieren, berichtet ein internationales Team unter Beteiligung von Forschern der Uni Wien im Fachjournal "PNAS". Für ihre Studie analysierten die Wissenschafter Mikroorganismen in Bodenproben aus Spitzbergen.

In den Torfböden der Arktis sind mehrere 100 Gigatonnen Kohlenstoff gespeichert. In den oberen Schichten dieser Permafrostböden, die im Frühjahr und Sommer auftauen, verarbeiten Bakterien, Archaeen und andere kleine einzellige Organismen sowie Pilze die nicht abgebauten Pflanzenreste und produzieren dabei unter Sauerstoffausschluss CO2 und Methan.

Derzeit tragen diese Böden drei bis zehn Prozent zu den globalen Methan-Emissionen bei. Es wird aber damit gerechnet, dass durch die Erderwärmung bis Ende des Jahrhunderts die Oberflächentemperaturen in der Arktis um zwei bis elf Grad Celsius im Winter und ein bis sechs Grad im Sommer steigen. Die Permafrostböden würden dadurch wärmer und früher im Jahr sowie bis in tiefere Schichten auftauen.

Komplexe Lebensgemeinschaften

"Es wurde bereits in mehreren Studien gezeigt, dass höhere Temperaturen zu stärkerem Kohlenstoffabbau und damit höherer Methanproduktion führen. Bisher war es aber unklar, wie sich die Mikroorganismen an diesen Temperaturanstieg anpassen und die erhöhte Methanproduktion bewerkstelligen", sagte Tim Urich von der Universität Wien und dem österreichischen Polarforschungsinstitut (APRI).

Gemeinsam mit norwegischen und deutschen Forschern hat Urich nun die Mikrobenaktivität in Bodenproben aus Spitzbergen systematisch bei Temperaturen zwischen einem und 30 Grad Celsius untersucht. Die Forscher konnten zeigen, wie sich die sehr komplexe Gemeinschaft von Mikroorganismen mit mehr als 1.000 miteinander interagierenden Spezies in den verschiedenen Temperaturbereiche adaptiert, um immer eine hohe Kohlenstoff-Abbaurate und Methanproduktion zu gewährleisten.

Anpassung binnen 30 Tagen

So waren bei höheren Temperaturen andere Mikroorganismen bei bestimmten Abbauschritten beteiligt als bei tieferen Temperaturen. Als Schwellenwert stellte sich dabei eine Temperatur von sieben Grad Celsius heraus. Oberhalb dieses Wertes tauchte etwa eine weitere Gruppe an Methanproduzenten auf, die unter sieben Grad nicht in dieser Form aktiv war.

"Sehr überrascht hat uns, wie schnell sich die Mikroorganismengemeinschaft an hohe Temperaturen anpasst, das ging innerhalb von 30 Tagen", sagte Urich. Umgekehrt zeigte sich auch die offensichtlich gute Kälteanpassung der Mikroorganismen. Die Methanproduktion in den arktischen Torfböden war bei Temperaturen unter zehn Grad Celsius deutlich höher als jene in Ökosystemen in geringerer geografischer Breite.

"Wir können nicht erwarten, dass die arktischen Bodenmikroben mit steigenden Temperaturen nicht zurecht kommen und deshalb weniger Methan produzieren", sagt Urich. (APA/red, derStandard.at, 4.5.2015)