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Sitzblockade beim Akademikerball am 30. 1. 2015: Gegen elf Demonstranten wird derzeit ermittelt.

Foto: apa/schlager

Keine terroristische, sondern "nur" eine kriminelle Vereinigung: Die Staatsanwaltschaft (StA) Wien ermittelt gegen Anti-Akademikerball-Demonstranten des Jahres 2015 offenbar nur noch nach Paragraf 278, also wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Vor zwei Wochen war noch von Ermittlungen nach dem höher bestraften Terrorparagrafen ermittelt worden. Das geht aus einer Anfragebeantwortung durch Justizminister Wolfgang Brandstetter an den FP-Klub im Nationalrat hervor.

Während der Terrorparagraf bis zu zehn Jahre Haft androht, stehen auf die Bildung einer kriminellen Vereinigung maximal drei Jahre Haftstrafe. Elf Personen stehen im Visier der StA Wien, auch gegen einige Unbekannte wird weiter ermittelt. Ursprünglich war von 150 Anzeigen die Rede gewesen. Nun erklärt der Minister, dass diese Zahl auch einige verwaltungsrechtliche Anzeigen umfasst hatte.

Selten angewendeter Paragraf

Auch ein äußerst rar angewendeter Paragraf spielt in den Ermittlungen eine Rolle – der "Landzwang". Diese Bestimmung bestraft das Drohen mit schweren Angriffen wie Bombenanschlägen oder Trinkwasservergiftungen und wird äußerst selten angewendet: In den vergangenen 30 Jahren gab es laut derStandard.at-Recherchen durchschnittlich nur eine Verurteilung alle zwei Jahre. Im Jahr 2012 handelte es sich beispielsweise um einen Mann, der per E-Mail zwei Amokläufe mit mindestens 350 Toten angekündigt und sich dabei auf den Utøya-Attentäter Anders Breivik bezogen hatte. Der Paragraf war nach den 9/11-Attentaten verschärft worden, er sieht je nach Schwere bis zu drei, fünf oder zehn Jahre Haftstrafe vor.

Parallele zum "Landfriedensbruch"

Auch der sogenannte "Landfriedensbruch" war seit einigen Jahren wieder in Mode geraten, um wegen Ausschreitungen nach Fußballspielen oder Demonstrationen zu ermitteln. Nach Kritik am Prozess gegen den deutschen Demonstranten Josef S. und der Forderung, den Paragrafen zu erneuern, legte das Justizministerium einen Entwurf für eine Neufassung der Bestimmung vor.

Neben krimineller Vereinigung und Landzwang stehen auch Nötigung, Körperverletzung, gefährliche Drohung, Sachbeschädigung und versuchter Widerstand gegen die Staatsgewalt auf der Liste der geprüften Verdachtsmomente der StA Wien. Aus Deutschland eingereiste Aktivisten finden sich laut Anfragebeantwortung nicht unter den Verdächtigen. (Maria Sterkl, derStandard.at, 27.4.2015)