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"Sucks" ist ein beliebter Slogan auf Demonstrationen, hier auf den Philippinen gegen die Weltbank. Im Internet ist die neue .sucks-Domain besonders umstritten: Unternehmen befürchten Missbrauch.

Foto: EPA/Sabangan

Wien – "domain.sucks" – werden sich viele Marketingverantwortliche gerade denken. Wie mit der neuen Top-Level-Domain .sucks umzugehen ist, müssen sich Unternehmen und Celebritys jetzt überlegen. Die Vielfalt an neuen Top-Level-Domains (TLD) hat in der jüngeren Vergangenheit schon unzählige Fragen aufgeworfen, etwa ob Inhaber von .com- oder .at-Domains zusätzlich noch etwa .porn- oder .adult-TLDs registrieren sollen. Die beiden Letztgenannten befinden sich gerade in der Einführungsphase. Während es diesbezüglich aber bereits Erfahrungen mit der – ebenfalls relativ neuen – .xxx-TLD gibt, sieht die Sache bei .sucks anders aus:

"sucks" bedeutet im Englischen höflich ausgedrückt so viel wie "ist Mist". "Something/someone sucks" soll im angloamerikanischen Sprachraum aber abseits der zitierten direkten Übersetzung mitunter auch als abgeschwächter Ausdruck von allgemeiner Kritik und Unzufriedenheit verwendet werden. So will jedenfalls der zuständige Registrar Vox Populi Registry Ltd die neue .sucks-TLD verstanden wissen. Vordergründig soll sich das neue TLD-Angebot daher an Seitenbetreiber richten, die sich Kritik, Meinungsfreiheit oder Verbraucherschutz auf die Fahnen heften. Aber auch (Social-)Marketing-Strategen sollen die neuen .sucks-TLDs einsetzen.

2499 Dollar Gebühr

Während der sogenannten Sunrise-Periode, in der Markeninhaber bei der TLD-Registrierung bevorzugt werden, kostet die Registrierungsgebühr satte 2499 US-Dollar. Das ist zehnmal mehr als üblich und legt einen Verdacht nahe: Abzocke, vor allem von Unternehmen, die ihre Marke(n) vor der fremdgesteuerten "Schande" einer "marke".sucks-Domain bewahren wollen, bevor andere – wie Domain-Grabber oder Konkurrenten – damit Schindluder treiben können.

Ob die vom Registrar herangezogene Meinungsäußerungsfreiheit eine Rechtfertigung bietet, wird sich in den USA noch zeigen müssen, in Kontinentaleuropa kann sie nicht genügen: In Österreich ist die Rechtsprechung zwar recht großzügig, was die hiesige Fremdsprachenkenntnis betrifft. Gerade englischen Begriffen wird häufig unterstellt, dass sie von Herrn und Frau Österreicher verstanden werden.

Das mag auch auf "sucks" zutreffen, allerdings nur für die wörtliche Übersetzung "ist Mist" und nicht für übertragene Sinnbedeutungen, die einer allfälligen inflationären Verwendung in den USA entspringen und noch dazu komplizierte Gedankenoperationen erfordern.

Aus österreichischer Sicht kann die Verwendung von .sucks-TLDs daher nur herabsetzend, kreditschädigend oder ehrenbeleidigend sein. Dennoch ist zu hinterfragen, warum gerade die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (kurz ICANN), welche die Lizenzen für TLDs vergibt, weder von den Regierungen noch von den einschlägigen Interessenvertretungen im Zaum gehalten werden kann.

Inakzeptable Belastung

Die "lizenzierte" Abzocke von Unternehmen, Markeninhabern und Celebritys durch immer neue TLDs zieht eine inakzeptable Belastung nach sich. Es bleibt ja nicht bei einer Domain, die potenzielle "Opfer" nur deshalb registrieren müssen, um Rufschädigungen zu vermeiden. Die Förderung von unlauterem Wettbewerb durch neue TLDs wurde noch nie so deutlich wie bei .sucks.

Es ist daher wahrscheinlich, dass die Schadensabwehr in Österreich gelingen wird. Viele Unternehmen und Celebritys werden sich aber dennoch die Frage stellen, ob sie nicht trotzdem eine Defensiv-Domain .sucks anmelden, um allfällige Gerichtsverfahren zu vermeiden. Für Markeninhaber endet die Sunrise-Periode jedenfalls bereits am 31. Mai. (Rainer Schultes, DER STANDARD, 27.4.2015)