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Alexander Saldostanow, Chef der russischen "Nachtwölfe".

Foto: Reuters / SERGEI ILNITSKY

Die Motorradtour von Moskau nach Berlin auf den Spuren der Roten Armee ist für Alexander Saldostanow Rückkehr zu den Wurzeln und Bruch mit der Vergangenheit zugleich. Chirurg, wie sich der Chef des Motorradklubs "Nachtwölfe" wegen seines ursprünglichen Arztberufs nennt, hat seine Biker-Karriere Ende der 80er-Jahre in Berlin begonnen: Er arbeitete als Rausschmeißer im Rock-Club Sexton und war mit Hells-Angels-Mitgliedern befreundet.

Die schwarze Lederkluft und die Tätowierungen trägt der 52-Jährige heute noch, den Begriff "Biker" lehnt er ab - zu englisch. Auf seine Harley-Davidson will er nicht verzichten, doch seine Schwärmerei für den Westen und dessen Freiheitsmodell ist längst verschwunden. Heute sind die russische Orthodoxie und Nationalismus seine Leitsterne, den Westen bezeichnet er als "Feind".

Als er in einem Interview gefragt wurde, wovor er Russland retten wolle, gab er zur Antwort: "In erster Linie vor dem globalen Satanismus." Der selbsternannte Hexenjäger versteht unter Satanismus vor allem liberale Werte. Er wolle "mit glühenden Eisen den Feminismus hier ausbrennen", ihn "zusammen mit der Schwulerei aus dem orthodoxen Land werfen", brüstete er sich an anderer Stelle. Zumindest rhetorisch kommt Saldostanow der Inquisition des Mittelalters (die in Russland übrigens nie gewütet hat) sehr nah.

Wiedergeburt des Imperiums

Wichtigstes Handlungsmotiv für Saldostanow ist aber die "russische Idee" , der Traum von der Wiedergeburt des russischen Imperiums. Die auf starkes Medienecho gestoßene Nähe zu Russlands Präsident Wladimir Putin ist daher nur folgerichtig. Beide vertreten nicht nur die gleichen Ideale, sondern auch den gleichen Stil. Nach Kampfflugzeug, Renn-Cockpit und Pferdesattel war der Motorradsattel nur die logische Fortsetzung des Putin'schen Imageentwurfs - umso mehr, als es nach Sewastopol und auf die Krim ging.

Deren Zugehörigkeit zur Ukraine hat der selbst im ukrainischen Kirowograd geborene Saldostanow nie anerkannt. Seine Nachtwölfe fuhren schon vor Jahren mit russischen Flaggen auf die Krim – und haben beim Anschluss der Halbinsel an Russland eine wesentliche Rolle gespielt, ebenso wie bei den Kämpfen im Donbass. Als einer der Anführer der Anti-Maidan-Bewegung steht Saldostanow auf der schwarzen Liste der USA, und auch in Europa regt sich Widerstand. Auf seine Siegestour will Saldostanow aber nicht verzichten. (André Ballin, DER STANDARD, 25.4.2015)