Den Haag/Kiew - Weil er Fotos von Absturzopfern des Flugs MH17 bei einer Vorlesung gezeigt hat, ist ein niederländischer Experte von weiteren Untersuchungen am Absturzort in der Ostukraine ausgeschlossen worden. Er sei von seinen Aufgaben entbunden worden, weitere Schritte würden geprüft, sagte ein Sprecher des niederländischen Ermittlungsteams am Donnerstag zu dem Absturz des Malaysia-Airlines-Fluges.

"Offenbar hat er Fotos gezeigt, die bei einer öffentlichen Veranstaltung nicht gezeigt werden dürfen", hieß es weiter.

"Vollkommen unangemessen"

Der niederländische Justizminister Ard van der Steuer nannte das Verhalten des Anthropologen George Maat "vollkommen unangemessen und geschmacklos". Dem Wissenschaftler wird außerdem vorgeworfen, seine Befugnisse überschritten und sich öffentlich zu möglichen Ursachen des Unglücks geäußert zu haben.

Maat hatte bei einer Vorlesung in Maastricht Anfang des Monats anhand der Bilder von Leichenteilen das Vorgehen bei der Identifizierung von Opfern erklärt. Er ging nach eigenen Angaben davon aus, dass das Publikum ausschließlich aus Medizinstudenten bestand. Er habe nicht gewusst, dass die Vorlesung auch anderen Besuchern offenstand, wurde Maat in einer Polizeierklärung zitiert. "Es tut mir sehr leid, wenn ich die Hinterbliebenen der Opfer verletzt oder ihnen Kummer bereitet habe."

Front verschoben

Die niederländischen Experten hatten kürzlich eine neue Mission am Unglücksort gestartet und weitere sterbliche Überreste der 298 Insassen sowie Wrackteile der Maschine geborgen. Das abgesuchte Areal bei Petropawlika nahe der Hauptabsturzstelle steht den Ermittlern erst seit wenigen Tagen offen, weil sich die Front zwischen Regierungstruppen und prorussischen Separatisten inzwischen verschoben hat. Alle geborgenen Teil sollen zunächst in die Stadt Charkiw und von dort in die Niederlande gebracht werden.

Flug MH17 war am 17. Juli mit 298 Menschen an Bord abgestürzt - mutmaßlich nach einem Treffer einer Boden-Luft-Rakete. Bisher konnten sterbliche Überreste von allen Opfern bis auf zwei identifiziert werden. Da zwei Drittel der Opfer Niederländer waren, leitet Den Haag die Ermittlungen. Die ukrainische Regierung und der Westen gehen davon aus, dass die Maschine von prorussischen Separatisten mit einer russischen Boden-Luft-Rakete abgeschossen wurde. Moskau sieht die Verantwortung hingegen bei Kiew. (APA, 23.4.2015)