Das weite Buschland im australischen Outback ist unter der Erde vielfältiger als darüber.

Foto: Etienne Laliberté

Crawley/Montreal – Hitze, Dürre, schlechte Böden. Einen Brennpunkt für Biodiversität stellt man sich anders vor. Dabei steht die Buschlandschaft Kwongan der Flora im tropischen Regenwald nicht in Vielem nach. Das Pflanzenleben floriert in dem weiten, offenen Landstrich Süd-West-Australiens, obwohl es in nährstoffarmer Erde wurzelt. Eine kürzlich in Nature Plants erschienene Studie gräbt tiefer und stößt auf den möglichen Grund für die Vielfalt.

Blätter überdauern Jahre

"Kwongan" - so benannten Aborigines die Heide im australischen Hinterland, die auf einem der phosphatärmsten Böden der Welt steht. Phosphor stabilisiert als Grundbaustein des Lebens die DNA, spielt eine Rolle im Energiehaushalt und bei der Photosynthese, weshalb Landwirte weltweit ihre Kulturpflanzen tonnenweise mit Phosphatdünger versorgen. Die Pflanzen im Kwongan reagieren stattdessen einhellig mit dem Sparmodus: Sie bilden widerstandsfähige Blätter, die gleich mehrere Jahre an der Pflanze überdauern. Was im Boden passiert, blieb bisher aber im Verborgenen.

Ein internationales Forscherteam untersuchte nun das Spektrum der Wurzeln und entdeckte eine überraschende Bandbreite. Sie fanden auf dem unwirtlichen Gebiet beinahe alle Möglichkeiten versammelt, wie Pflanzen weltweit Nährstoffe aus dem Boden ziehen. Manche Pflanzen gehen dazu eine Symbiose mit Pilzen ein, andere mit Bakterien. Wieder andere Wurzeln sondern Organische Säuren ab, um Phosphate im Boden leichter zu lösen.

Das Patentrezept heißt Vielfalt

Die Evolution hat in der Kwongan-Heide keine Musterlösung gefunden. Anders als bei den Blättern folgt jede Pflanze bei der Wurzelbildung erfolgreich ihrer eigenen Strategie. Gerade darin liegt die, warum ein so unwirtliches Gebiet wie das Buschland in Australien zu den 35 anerkannten Hotspots für Artenvielfalt weltweit gehört und sich nicht eine SPezies durchgesetzt hat. Mit ihren Forschungen unterstützen die Wissenschafter eine Initiative, die das weite Land wegen seiner Besonderheiten zum UNESCO Welterbe ernennen möchte.

"Um die Artenvielfalt so gut wie möglich zu schützen, müssen wir verstehen, wie diese Systeme funktionieren", sagt Erstautor Graham Zemunik in einer Presseaussendung. Die Forscher plädieren für einen genaueren Blick auf die Überlebensstrategien von Pflanzen – über und unter der Erde. (red, derStandard.at, 25. 4.2015)