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Statistiken, zugehörige Analysen und Interpretationen von Daten sollten nur als Orientierung verstanden werden - besonders wenn es um den internationalen Kunstmarkt geht. Denn faktisch liegen den über Studien veröffentlichten Zahlen meist nur Hochrechnungen zugrunde. Gerade weil die Branche kaum Einsicht in Bilanzen gewährt, erfreuen sich Marktberichte, die sich mit wirtschaftlichen Entwicklungen und daraus ableitbaren Ausblicken beschäftigen und globale Einblicke gewähren, enorm großer Beliebtheit. Ob das kredenzte Material der Realität entspricht, ist eine völlig andere Geschichte, wie folgendes Beispiel belegt.

Vergangene Woche veröffentlichte Artprice ("Weltmarktführer für Kunstmarktinformationen seit 1987") einen Bericht, bei dem das Dorotheum im Mittelpunkt stand. Demnach wären dort 2014 mehr als 8000 Kunstwerke offeriert sowie 4200 versteigert worden und beliefe sich der Gesamtumsatz auf umgerechnet 43,58 Millionen Euro (57,9 Mio. Dollar).

Tatsächlich gelangten jedoch mehr als 100.000 Objekte in den 470 Kunstauktionen (350 Daily Auctions, 120 Katalogauktionen) zum Aufruf, summierten sich allein die Umsätze aus den vier Auktionswochen (19 Auktionen) auf rund 62 Millionen Euro (exklusive Nachverkauf) und dürfte der Gesamtumsatz eher in der Gegend um die 170 Millionen Euro liegen.

Artprice-Mär

Der Haken: Das Dorotheum veröffentlicht seit 2012 (152 Millionen Euro) selbst auf explizite Anfrage keine Jahresumsätze. Angesichts dieser Artprice-Mär möchte man ein klassisches Eigentor attestieren, das allerdings auch zur Folge hat, das Österreich von Kunstmarktökonomen als Marginalie eingestuft wird.

Gemessen an dem von Artprice weltweit ausgewiesenen Auktionsumsatz von 11,4 Milliarden Euro (15, 2 Mrd. Dollar) fällt die Alpenrepublik statistisch nicht ins Gewicht, schlicht weil der hierzulande erwirtschaftete unter 90 Millionen Euro liegen soll. Bloß: Effektiv liegt der eher bei 210 Millionen.

Ein aktuell an Artprice übermittelter Fragenkatalog blieb leider unbeantwortet. Vermutlich wurden dort nur Werte berücksichtigt, die man für die Kunstpreisdatenbank erfasst, also Zuschläge aus dem Bereich bildender Kunst - im Falle des Dorotheums und anderer heimischer Auktionshäuser jedoch nachweislich nicht vollständig.

Welches Datenmaterial verarbeitet also Clare McAndrews Unternehmen Arts Economics für den jährlich im Auftrag der Tefaf (The European Fine Art Foundation) veröffentlichten Report? Solches von Anbietern wie Artprice oder Artnet (Schwerpunkt bildende Kunst), weiters Handelsstatistiken, ergänzt um über Umfragen ermittelte Angaben, erklärt die amerikanische Kunstmarktökonomin. Simple Hochrechnungen also.

Immerhin wird Österreich, gemessen am weltweit in Auktionssälen erwirtschafteten Umsatz von 24,6 Milliarden Euro, deren 246 Millionen zugewiesen. Stimmt zwar auch nicht, liest sich aber jedenfalls besser. (kron, Album, DER STANDARD, 18./19.4.2015)