Die französische Nationalversammlung hat am Dienstag in erster Lesung ein Gesetz verabschiedet, mit dem der Magermodelmode legistisch an die dürren Leiber gerückt werden soll. Wer "mannequins trop maigres" - zu magere Mannequins; Models mit einem gefährlich niedrigen BMI von unter 18 - über die Laufstege defilieren lässt, riskiert künftig Geldstrafen. Offenbar geht in der Assemblée nationale die Überzeugung um, dass Mannequins (frz. ursprünglich "Schaufensterpuppe"), die sich täglich von zwei Salatblättern und einem Tropfen Tau ernähren, kein wirkliches Vorbild in einer Gourmetnation sein können. Da seien das Steak frit und das gepflegte Fläschchen Bordeaux vor!

Die Modelagenturen mäkeln indes an dem Gesetz herum, dass "schlanke" Mannequins - in Frankreich hat man das englische "Model" verschmäht und bleibt bei dem seit langem aus dem Niederländischen eingebürgerten "Mannequin" - etwas vollkommen anderes seien als krankheitswertig Magersüchtige. Die genaue Erklärung, wo bei Mannequins/ Models, auf deren Rippenbögen man Xylofon spielen kann, die Gesundheit aufhört und die Krankheit beginnt, sind sie allerdings schuldig geblieben.

Weil es neben den weiblichen auch immer mehr männliche Hungerkünstler im Dienst der Haute Couture gibt, ist neben dem medizinischen Fachbegriff für die Magersucht, der Anorexia nervosa, auch die gegenderte Variante der "Manorexia" entstanden: Sie gilt für Männer, die der potenziell tödlichen Abmagerungsmode verfallen sind. (win, DER STANDARD, 18./19.4.2015)