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Die Srebrenica-Gedenkstätte in Potočari.

Foto: Reuters/Ruvic

Der Besuch des Präsidenten der Republik Srpska, Milorad Dodik, in der ostbosnischen Stadt Srebrenica ist am Donnerstag beim Bürgermeister auf positive Resonanz gestoßen. Der Bosniake Ćamil Duraković sagte nach den Gesprächen mit Dodik, es sei ihm nicht darum gegangen, "politisch Muskeln" zu zeigen, sondern Hilfe zuzusichern.

Duraković sprach von einem "historischen Akt", weil Dodik auch die Gedenkstätte Potočari für die Opfer des Genozids von 1995 in der Nähe von Srebrenica besuchte, sich verbeugte und vor dem Gedenkstein Blumen niederlegte. "Das war eine Ehrung der Opfer des Völkermords", sagte Duraković. Dodik sagte: "Es stimmt, dass hier Verbrechen begangen wurden, und es tut mir leid für alle Opfer." Er sagte aber auch, dass schon genug über dieses Geschehen politisiert worden sei.

Pragmatischer Mann

Bei dem Treffen ging es denn auch hauptsächlich um wirtschaftliche Fragen. "Dodik ist ein pragmatischer Mann. Er hat gefragt, wobei er uns helfen kann. Wir haben eine Reihe von Vorschlägen aufgeführt und konkrete Hilfe erhalten", sagte Duraković. Unter anderem ging es um ein dringend benötigtes Fahrzeug für den Transport von Patienten, die eine Hämodialyse brauchen, sowie um Verbesserungen der Straßen- und Wasserversorgung. Zu dem Treffen in Srebrenica waren neben Dodik auch die Innen-, Landwirtschafts- und Infrastrukturminister der Republika Srpska gekommen.

Für die Gedenkveranstaltung zum Jahrestag der Massenmorde im Juli sagte Dodik 50.000 Mark zu, das entspricht rund 25.600 Euro. Diesen Juli jährt sich der Völkermord in Bosnien-Herzegowina zum 20. Mal. Zur Gedenkveranstaltung werden Tausende Besucher erwartet. Im Juli 1995 wurden etwa 8.000 vorwiegend männliche bosnische Muslime durch serbische Einheiten in Srebrenica und in vielen Orten in der Umgebung ermordet. Die Enklave war zuvor von der bosnisch-serbischen Armee unter dem Kommando von Ratko Mladić eingenommen worden.

20. Jahrestag des Genozids

Frauen und Kinder wurden mit Bussen aus der Stadt gebracht, die zu dem Zeitpunkt eine Art Flüchtlingslager war. Männer und Buben wurden entweder in Lagerhallen oder anderen Gebäuden zusammengepfercht und erschossen, oder auf der Flucht in Richtung jene Gebiete, die unter der Kontrolle der Armee der Republik Bosnien-Herzegowina standen, ermordet. Auch nach zwanzig Jahren werden noch immer die Überreste von Opfern identifiziert und bestattet.

Dodik hatte 2007 den Massenmord in Srebrenica als Völkermord bezeichnet. Er sagte damals: "Ich weiß genau, was in Srebrenica passiert ist, das war Völkermord. Das hat das Gericht in Den Haag festgestellt und es ist eine rechtlich unbestreitbare Tatsache." Im Laufe der folgenden Jahre hatte Dodik aber immer wieder geleugnet, dass es sich um einen Völkermord gehandelt habe, was vor allem von Angehörigen der Opfer kritisiert wird. 2010 sagte er, dass er das Verbrechen in Srebrenica nicht klein machen wolle. Er kritisierte aber, dass es in dem Zusammenhang zu einer "Verallgemeinerung der Schuld und Verurteilung" der Serben als "Genozid-Nation" komme. Dodik hatte aber immer von einem großen Verbrechen gesprochen, das in Srebrenica stattgefunden hat. Den Massenmord als solchen hat er nicht geleugnet.

Urteil zu Žepa

Das Thema Genozid sorgt in Bosnien-Herzegowina immer wieder für heftige Diskussionen. Opferverbände – etwa in Prijedor – wollen die Anerkennung des Massenmords an Bosniaken als Völkermord, auch abgesehen von Srebrenica. In der Republika Srpska (RS) haben manche Politiker wie Dodik die Sorge, dass die Genozid-Diskussion politisch instrumentalisiert wird und die Legitimität des Landesteils untergräbt. Die Republika Srpska (zu Deutsch: Serbische Republik) ist eine von zwei Entitäten von Bosnien-Herzegowina, die über eine eigene Regierung verfügt. Der bosnische Gesamtstaat ist im Vergleich zu den Landesteilen relativ schwach. Die meisten ethnischen Säuberungen im Bosnienkrieg (1992-1995) fanden in der RS statt.

Kürzlich wurde das Urteil gegen den ehemaligen Nachrichtendienst- und Sicherheitschef der Armee der bosnischen Serben, Zdravko Tolimir, von der Berufungskammer des Jugoslawien-Tribunals in Den Haag bestätigt. Tolimir wurde bereits 2012 wegen der Teilnahme an zwei verbrecherischen Unternehmungen zu lebenslanger Haft verurteilt. Dabei ging es unter anderem um den Genozid in Srebrenica, aber auch um die Vertreibung und die Morde in der Enklave Žepa. Die Berufungskammer bestätigte Anfang April nun erstmals, dass die Opfer in Žepa, gemeinsam mit den Muslimen in Srebrenica und Ostbosnien, Opfer des Genozids waren. Damit erfolgte eine Definition des Genozids seitens des Haager Gerichts, die über Srebrenica hinausgeht.

Resolution zu Armenier-Genozid

Die Präsidentin der "Mütter von Srebrenica und Žepa", einer Organisation für Angehörige der Opfer, Munira Subašić, kritisierte am Donnerstag, dass Dodik "Doppelmoral" zeige. Dodik hatte diese Woche an das Parlament der Republika Srpska einen Entwurf zu einer Resolution über die Anerkennung des Genozids an den Armeniern im Jahr 1915 herangetragen. Priorität solle eigentlich eine Resolution über den Genozid sein, der in dem Land verübt wurde, in dem er wohne, kritisierte Subašić. Dodik habe in "den letzten 20 Jahren Salz auf die Wunden der Mütter von Srebrenica" gestreut. (Adelheid Wölfl, derStandard.at, 17.4.2015)