Wien - Der ORF hat in seinem TV-Programmen 2011 zu viel Unterhaltung und zu wenig Kultur gezeigt. Dies wurde nun auch in letzter Instanz vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH) bestätigt. Die Privatsender sahen sich deshalb in ihrer Kritik am zu kommerziellen ORF-Programm bestätigt. Im ORF betont man hingegen, dass das Angebot seit dem Start der ORF-Spartensender allen gesetzlichen Vorgaben entspreche.

Mangelnde Ausgewogenheit im ORF-Programm konstatierten 2012 nach einer Beschwerde von Privatsendern sowohl die Medienbehörde KommAustria als auch der Bundeskommunikationssenat (BKS). Der ORF hatte gegen diese Entscheidungen Berufung bei Verfassungs- und Verwaltungsgericht eingelegt. Nachdem der Verfassungsgerichtshof in einer Entscheidung vom November 2014 verfassungsrechtliche Bedenken des ORF gegen die entsprechenden Bestimmungen des ORF-Gesetzes verworfen hatte, entschied der Verwaltungsgerichtshof nun ähnlich: "Das ORF-Gesetz verpflichtet den ORF dazu, ein differenziertes Gesamtprogramm von Information, Kultur, Unterhaltung und Sport für alle anzubieten. Die Anteile dieser Kategorien am Gesamtprogramm haben in einem angemessenen Verhältnis zueinanderzustehen. Im strittigen Zeitraum war die Kategorie Unterhaltung im gesamten Fernsehprogramm des ORF mit etwa 52 Prozent fast um ein 18-faches mehr vertreten als die Kategorie Kultur, die nur etwa 3 Prozent ausmachte. Ein derartiges Ungleichgewicht von Unterhaltung und Kultur im Fernsehprogramm des ORF entsprach nicht dem Gesetz", teilte der Verwaltungsgerichtshof seine Entscheidung in einer Aussendung mit.

Für den ORF hat der Spruch keine aktuellen Auswirkungen, denn seit dem Start der Spartenkanäle ORF 3 und ORF Sport + gilt das Gesamtprogramm des Senders als größtenteils ausgeglichen. Dies hatte die KommAustria schon bei ihrer Erstentscheidung festgestellt.

Klarstellung

Klaus Schweighofer, Vorsitzender des Verbands Österreichischer Privatsender (VÖP), sprach am Mittwoch dennoch von einer wichtigen Klarstellung, da die von der KommAustria festgelegten quantitativen Grenzen der einzelnen Programmgenres "auch für die Zukunft verbindlich" seien. "Mit der Entscheidung des VwGH ist nun klargestellt, dass der ORF in dem von uns angezeigten Zeitraum kein ausgewogenes Gesamtprogramm auf seinen TV-Sendern gezeigt hat. Damit hat er gegen eines der Grundprinzipien des öffentlich-rechtlichen Programmauftrags verstoßen", so Schweighofer. Für Puls 4-Chef Markus Breitenecker macht der europäische Vergleich jedenfalls klar, dass das ORF-Programm "vor allem im Hauptabend zu kommerziell" ausgerichtet ist. Spätestens jetzt sei der ORF gut beraten, seine Programmstrategie zu überdenken, so Breitenecker.

Stellungnahme des ORF

Im ORF erklärte man am Mittwoch, dass das VwGH-Erkenntnis einen BKS-Bescheid bestätige, mit dem der Beschwerde der Privatsender großteils eine Absage erteilt wurde. "Damit ist ein weiterer Versuch der kommerziellen Mitbewerber gescheitert, gegen den ORF mit juristischen Mitteln zu punkten, was sie im Programm angesichts der hohen Qualität und Publikumsakzeptanz der ORF-Angebote nicht schaffen", hieß es einer ORF-Stellungnahme. Der VwGH verwerfe darüber hinaus in seinem Erkenntnis erneut die ursprüngliche Annahme, bei der Beurteilung der Ausgewogenheit der ORF-Programme seien einzelne Kanäle und nicht das Gesamtprogramm zu betrachten. Bestätigt werde auch, dass eine besondere Pflicht zu bestimmten Programmanteilen erst durch die ORF-Gesetzesnovelle 2010 eingeführt wurde und der ORF bis zu diesem Zeitpunkt seinen Programmauftrag erfüllt habe. Ein unausgewogenes Verhältnis in der Programmierung wurde demnach nur für den Zeitraum Jänner bis August 2011 gesehen, so der ORF. Seit Ausstrahlungsbeginn von ORF 3 und ORF Sport + sei dem "ORF-Gesetz jedenfalls auch diesbezüglich vollständig Rechnung getragen". (APA, 15.4.2015)