Wien - Claudia Schmied hat sich die Zähne an den Lehrern ausgebissen. Sie scheiterte mit dem Vorschlag, die Unterrichtsverpflichtung generell um zwei Stunden zu erhöhen. Nun starten SPÖ und ÖVP einen neuen Anlauf, wie Kanzler Werner Faymann und sein Vize Reinhold Mitterlehner am Dienstag erklärten. Wobei beide betonten, auf alle Fälle zuerst das Gespräch mit der Gewerkschaft suchen zu wollen. Kalmieren ist also angesagt.

Parallel dazu wird laut Regierungskreisen aber auch ein Solidarbeitrag von gut verdienenden Beamten diskutiert und durchgerechnet, wie viel man sich beim nächsten Beamtengehaltsabschluss holen könnte (der STANDARD berichtete).

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Die Lehrer sollen mehr Zeit mit den Schülern verbringen. Das wünscht sich die Regierungsspitze
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Chancen und Risiko

Wie riskant ist es aber für SPÖ und ÖVP, sich mit den öffentlich Bediensteten anzulegen? "Aus strategischer Sicht gibt es für die ÖVP ein größeres Risiko, aber auch eine größere Chance", sagt der Politikwissenschafter Peter Filzmaier. Die Gefahr für Mitterlehner und seinen Finanzminister Hans Jörg Schelling besteht in der noch immer vorhandenen parteiinternen Macht der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD). Zur Erinnerung: Bei den Personalvertretungswahlen im November des Vorjahres fuhren die Christgewerkschafter 53 Prozent ein.

Nur darauf abzustellen, "wäre aber zu kurzfristig gedacht", sagt Filzmaier. "Der ÖVP-Arbeitnehmerbund hat noch immer zu sehr das Image einer Beamtengewerkschaft." Bundesweite Wahlen könne Mitterlehner nur gewinnen, wenn er auch bei der zahlenmäßig viel größeren Gruppe der Privatangestellten eine Mehrheit bekommt. Die kleine Gruppe der Beamten kurzfristig zu vergraulen sei also dann kein Problem, wenn es gleichzeitig gelinge, stärker bei den Angestellten zu punkten. "Ich glaube durchaus, dass Mitterlehner diese strategischen Hintergrund kennt und erkennt", meint der Politikberater.

"Nicht einzelne Gruppen gegeneinander ausspielen"

ÖVP-intern werden Einschnitte bei den Beamten aber definitiv nicht leicht zu machen sein. Der Generalsekretär des VP-Arbeitnehmerflügels ÖAAB, August Wöginger, warnt bereits davor, "einzelne Gruppen gegeneinander auszuspielen". Für ihn ist die neue Debatte über die Lehrerarbeitszeit "unverständlich", wie er zum STANDARD sagt. Man habe erst 2013 das neue Lehrerdienstrecht verabschiedet, das eine höhere Unterrichtsverpflichtung nur für neu eintretende Lehrer ab 2019 vorsieht. "Darauf muss man sich verlassen können."

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Vom ÖVP-Arbeitnehmerflügel kommt Unterstützung für die Lehrer
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Und welches Risiko geht der Kanzler ein? "Wenn sich die Gewerkschaften generell gegen einen SPÖ-Chef stellen, hat noch keiner lange überlegt", sagt Filzmaier. Im konkreten Fall halte er das Risiko aber für überschaubar. "Wenn es hart auf hart kommt, hält sich die Solidarität innerhalb der Teilgewerkschaften wohl in Grenzen", so der Politologe. Es sei nicht realistisch, dass man für die Beamten, die in einigen Bereichen noch immer bessergestellt sind als Arbeiter und Angestellte, auf die Straße gehe.

"So blöd ist kein Arbeitgeber"

ÖGB-Präsident Erich Foglar stellte jedenfalls bereits klar, dass es für ihn nicht infrage komme, dass die Beamten die Steuerentlastungen mitfinanzieren. "Das haben wir vom Anfang an gesagt und bei dieser Position bleiben wir auch", sagte er am Dienstagabend in der "Zeit im Bild 2".

So sind für ihn Lohneinbußen im öffentlichen Dienst völlig tabu. Stattdessen drängt er auf eine "echte Verwaltungsreform", die ja schon oft angekündigt wurde.

Und in Richtung SPÖ merkte der Boss des ÖGB unmissverständlich an: "Ich denke, die ganze Regierungsmannschaft ist gut beraten, hier mehr Sensibilität an den Tag zu legen."

"Wir haben gespart"

Auch der Vorsitzende der Beamtengewerkschaft Fritz Neugebauer (ÖVP) meldete sich gegen die Einsparungsideen zu Wort. "Der öffentliche Dienst wird sicher nicht die Steuerreform zahlen", sagte er zum "Kurier". "Er ist nicht die freie Rücklage der Republik, wenn nichts mehr geht. Nach dem Motto: Wenn Geld fehlt, melden wir uns bei den Beamten."

Keine fixen Pläne

Neugbauer wollte jedenfalls Kampfmaßnahmen nicht ausschließen: "Sie wissen, dass eine Gewerkschaft immer bereit sein muss", sagte er gegenüber Ö1. Und laut "Oberösterreichischen Nachrichten" gab es bereits am Montagabend ein Treffen von Neugebauer und den Landes-Gewerkschaftschefs, wie Oberösterreichs GÖD-Vorsitzender Peter Csar dem Blatt bestätigte. Die Reaktionen auf die Sparpläne seien "heftig" gewesen, konkrete Maßnahmen wurden aber noch nicht besprochen.

Vor diesem Hintergrund sind wohl auch die mehrfachen Beteuerungen von Kanzler Faymann und seinem Vize Mitterlehner zu sehen, noch seien keine Eingriffe fix und man werde die Belegschaft nicht ohne Verhandlungen mit der Gewerkschaft vor vollendete Tatsachen stellen. (Günther Oswald, APA, DER STANDARD, 15.4.2015)