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Martin Winterkorn (links) plaudert mit Ferdinand Piëch. Ganz rechts im Bild: Wolfgang Porsche.

Foto: Reuters/Wiegmann

Wolfsburg - Die Führungskrise bei Europas größtem Autobauer Volkswagen hat am Montag Anleger aufgeschreckt. Die Vorzugsaktie büßte als schwächstes Papier im kaum bewegten Leitindex bis zu 1,8 Prozent ein. Händler und Analysten kritisierten, dass Piëch an die Öffentlichkeit gegangen sei. Das sorge für Verunsicherung, hieß es.

Für Händler Andreas Lipkow von Kliegel & Hafner etwa werden so "mehr Fragen als nötig" aufgeworfen. "Von außen sah die Fassade bei VW eigentlich gut und stabil aus. Die Reibereien zwischen Aufsichtsrats- und Vorstandsvorsitzendem sprechen dagegen eine komplett andere Sprache."

Experte sieht Winterkorns Tage gezählt

Der Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht die Tage von Martin Winterkorn als VW-Vorstandschef gezählt. "Seit Samstag dürfte VW-Chef Winterkorn jedenfalls kaum noch Freunde im VW-Vorstand haben. Nachdem der Aufsichtsratsvorsitzende Ferdinand Piëch öffentlich von seinem engen Wegbegleiter abgerückt ist, wird die Luft um Winterkorn dünn", meint Dudenhöffer in einer Aussendung.

"Herr Winterkorn konnte die VW-Probleme nicht lösen. Piëch traut Winterkorn nicht zu, den VW-Konzern in die Zukunft zu führen", so der Professor an der Universität Duisburg-Essen und Leiter von CAR-Center Automotive Research.

Das hätten auch frühere Manager erfahren müssen, wie etwa der damals starke Porsche Vorstandsvorsitzende Wendelin Wiedeking. Piëch traue Winterkorn nicht zu, den VW-Konzern in die Zukunft zu führen. Die Probleme der Marke VW-Pkw – das Herzstückdes Konzerns – sind offensichtlich. Deshalb dürfte Piëch so gehandelt haben.

Führungskräfte fordern Piëchs Rücktritt

Es gibt allerdings auch gewichtige Gegenstimmen: Winterkorn sei "eine Welle der Solidarität entgegengeschwappt", sagte der Teilnehmer eines VIP-Empfangs, den Winterkorn am Sonntagabend nach dem Start der Industrieschau Hannover Messe besucht hatte. Der deutsche Bundesverband von Fach- und Führungskräften verschiedener Branchen der deutschen Industrie fordert überhaupt gleich Piëchs Rücktritt. "Martin Winterkorn ist ein außergewöhnlich erfolgreicher Manager.

Wenn es sachliche Kritikpunkte an seiner Arbeit geben sollte, hätte Piëch diese zunächst intern und zwar im Aufsichtsrat ansprechen müssen." Dass er dies nicht getan habe, lasse nur den Schluss zu, dass es nicht um Sachgründe gehe, heißt es in einer entsprechenden Aussendung. "Einen erfolgreichen Topmanager wie Martin Winterkorn ohne Not nach Gutsherrenart in Frage zu stellen, schadet dem Unternehmen, den Mitarbeitern und den Aktionären", kritisiert der DFK-Vorstandsvorsitzende Ulrich Goldschmidt Piëch.

Machtkampf erwartet

Dudenhöffer erwartet jedenfalls im Konzern einen erbitterten Machtkampf, nachdem nun auch die Porsche-Familie auf Distanz zu Piëch gegangen ist. "Piëch wird auch diesen Machtkampf gewinnen. Wer sich hinter Winterkorn stellt, wird am Ende verlieren. Die Porsche-Familie hat sich schon in der Vergangenheit nicht durchsetzen können", sagte Dudenhöffer. "VW-Pkw ist der schwächste im Verbund der Großen."

Für den Automobil-Experten sind die Probleme der Marke VW-Pkw, dem Herzstück des Konzerns, "ganz offensichtlich". Während Toyota im vergangenen Jahr pro Fahrzeug 1.647 Euro Gewinn oder 8,6 Prozent Umsatzrendite erzielt habe, dümpele VW-Pkw bei 540 Euro oder 2,5 Prozent Umsatzrendite vor sich hin. Sehr dünn sei auch der VW-Pkw-Vergleich mit GM oder Ford. Beide US-Unternehmen arbeiteten in ihrem Kerngeschäft deutlich profitabler als VW.

In den kommenden Tagen soll nun ein Treffen Piëchs und Winterkorns anstehen, berichtet das "Handelsblatt" (Montagausgabe). Darüber hinaus sei ein Treffen der Familien Piëch und Porsche geplant, berichtete die Zeitung unter Berufung auf das Umfeld der Familie. (red, derStandard.at, 13.4.2015)