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Foto: APA/EPA/JOERG CARSTENSEN

Als Claus Peymann 1999 das Wiener Burgtheater verließ, wanderte zwischen ihm und dem Publikum das Schnäuztuch hin und her. Das Burg- Foyer hallte wider vom Schluchzen der Theaterbesucher. Dabei hatte sie der Herr Direktor während seiner 13 Jahre häufig genug vor den Kopf gestoßen: als Produzent funkelnder Bonmots, die zumeist Österreichs laxen Umgang mit der Vergangenheit zum Inhalt hatten. Der scheidende Titan schien seinerseits von Rührung überwältigt.

Tatsächlich hat der gebürtige Bremer stets betont, in Wien seine glücklichste Zeit als Theaterdirektor verlebt zu haben. Peymann machte rasch Karriere. Als Leiter des Frankfurter Theaters am Turm half er mit, aus Peter Handke einen Popstar zu machen (Publikumsbeschimpfung, 1966). Mit Peter Stein überwarf er sich an der Berliner Schaubühne früh. Schauspielintendanzen führten ihn nach Stuttgart (1974-1979) und anschließend nach Bochum. Von dort, aus dem grauen Ruhrpott, drang sein ohrenbetäubender Ruhm bis nach Wien.

Auseinandersetzungen ist Peymann (77) grundsätzlich nie aus dem Weg gegangen. Hinter der Schale des eloquenten Radaubruders verbirgt sich jedoch ein Bildungsbürger von nahezu klassischem Zuschnitt. Frühere Regiearbeiten (Die Hermannsschlacht) ließen sich zur Not ideologiekritisch lesen. Sein bleibendes Verdienst ist jedoch die Parteinahme für die zeitgenössische Dramatik.

Mit beinah kindlicher Inbrunst warf sich der Hanseat - er verbrachte seine Kindheit in Hamburg - für die jeweils neuesten Arbeiten von Thomas Bernhard, Peter Handke, Elfriede Jelinek oder Peter Turrini in die Bresche. Die Wiener dankten es ihm mit tosendem Beifall, gelegentlich auch mit dem Abladen einer Fuhre Mist (Uraufführung von Heldenplatz 1988).

Mit der Berufung an die Berliner Bertolt-Brecht-Bühne war es zuletzt stiller um den charismatischen Wüterich geworden. Irgendwo zwischen Schau- und Volksbühne findet das Berliner Ensemble sein Auskommen: als Erinnerungsstätte bürgerlicher Theaterintelligenz. Die zuletzt ruhend gestellte Freundschaft mit Peter Handke soll nun neu belebt werden - ausgerechnet am Wiener Burgtheater. Peymann, seit Jahren mit der Dramaturgin Jutta Ferbers liiert, wird die Gelegenheit wohl nicht ungenutzt verstreichen lassen. Imposanter als viele Inszenierungen sind seine Einlassungen zu Gott, der Welt und zur Berliner Kulturpolitik. (Ronald Pohl, DER STANDARD, 11./12.4.2015)