Bochum - Unter Tieren ist der Geruchssinn einer der wichtigsten Kommunikationskanäle. Dass Duftstoffe auch bei zwischenmenschlichen Begegnungen eine bedeutende Rolle spielen könnten, haben bereits frühere Studien gezeigt. Nun konnten Zellphysiologen der Ruhr-Universität Bochum feststellen, dass wir für den Geruchstoff Hedion besonders empfänglich sind und in der Riechschleimhaut für die Substanz den Pheromonrezeptor VN1R1 besitzen. Gemeinsam mit Kollegen aus Dresden zeigten die Bochumer Forscher, dass der Geruch von Hedion geschlechtsspezifische Aktivierungsmuster im Gehirn erzeugt, die bei klassischen Riechstoffen nicht entstehen.

Bestätigen konnten die Bochumer Forscher die Existenz des Pheromonrezeptors in der menschlichen Riechschleimhaut mithilfe von genanalytischen Methoden. Anschließend schleusten sie den genetischen Code für den Rezeptor in Zellkulturen ein und zeigten anhand dieser Zellen, dass Hedion den Rezeptor aktiviert. Hedion – nach dem griechischen Wort "hedone" für Vergnügen, Genuss, Lust benannt – hat eine zarte frische Jasmin-Magnoliennote und findet in vielen Parfüms Einsatz. Es wird auch als "Duft des Erfolgs" bezeichnet.

Frauen reagieren mehr als Männer

Was im Gehirn passiert, wenn Menschen Hedion riechen, untersuchte die Bochumer Gruppe gemeinsam mit dem Team um Thomas Hummel vom Universitätsklinikum Dresden. Sie verglichen die Ergebnisse mit den Effekten, die Phenylethylalkohol auslöst, ein klassischer floraler Geruchsstoff. Wie die Forscher in der Fachzeitschrift "Neuroimage" schreiben, aktiviert Hedion Hirnareale im limbischen System signifikant stärker als Phenylethylalkohol. Das limbische System wird mit Emotionen, Gedächtnis und Antrieb in Verbindung gebracht. Zusätzlich aktivierte Hedion einen speziellen Bereich des Hypothalamus, bei Frauen stärker als bei Männern. Dieses Aktivierungsmuster ist typisch für eine Regulation der Sexualhormonausschüttung.

"Wir wollen nun herausfinden, welche physiologischen und psychologischen Parameter beeinflusst werden, wenn Hedion den Pheromonrezeptor aktiviert", berichtet Hanns Hatt, Koautir der Studie. "Entsprechende Studien haben wir bereits begonnen. Man muss aber auch nach Geruchsmolekülen in Körpersekreten suchen, die dem Hedion ähnlich sind und auf den Rezeptor wirken. Damit könnten Menschen dann tatsächlich miteinander kommunizieren."

Pheromonorgane bei Mäusen und Menschen

Pheromone sind Botenstoffe, die der chemischen Kommunikation zwischen Lebewesen der gleichen Art dienen. Sie lösen immer eine gleichartige, reproduzierbare Reaktion aus. Im Tierreich ist diese Art der Kommunikation weit verbreitet. Mäuse haben etwa 300 verschiedene Gene für Pheromonrezeptoren; beim Menschen sind davon vermutlich nur noch fünf nutzbar. Tiere besitzen dafür ein eigenes Organ in der Nähe der Nasenwand, das Vomeronasalorgan. Bei Menschen ist dieses Organ nach heutiger Kenntnis funktionslos. (red, derStandard.at, 9.4.2015)