Diesmal darf es Honda nicht verpfuschen - und will es auch nicht verpfuschen. Schließlich hat der japanische Hersteller ein paar Anläufe genommen, um sich wieder im Parnass des Automobilbaus, in der Supersportwagenliga, zu etablieren. Dort oben, bei Porsche, Lamborghini, Ferrari.

foto: honda

Mehrere Studien wurden in den vergangenen Jahren hingestellt und wieder eingemottet. Doch im Jänner, bei der Motorshow in Detroit, stand er tatsächlich da: der neue, der ersehnte Honda NSX, der Wiedergänger eines Mythos, der vor 25 Jahren abhob.

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Damals stellte Honda der staunenden Öffentlichkeit nichts weniger als den perfekten Supersportler hin. Aluchassis und -karosserie, hochkomplexe Radaufhängungen, ein ernsthaftes Mittelmotor-Hinterradantriebskonzept, in dessen Zentrum ein 274 PS-Hightech-V6 mit variabler Ventilsteuerung (VTEC) und phänomenalem Drehzahlband werkte. Hoch bis 7000 Touren jubelte das Aggregat. Das kannte man bis dahin nur von Motorrädern.

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Weitere Spezialitäten: Tank im Mitteltunnel, eine Panzerglasscheibe, die den Fahrgast- vom Motorraum trennte, ABS, Traktionskontrolle, Airbag, Fahrstabilisator. Das war 1990 Best of Class, ein Leistungsbeweis in angewandtem Perfektionismus. Mehr als 400 neu entwickelte Patente warf Honda in Schlacht, um Lamborghini & Co den Weisel zu geben.

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Die bauten damals brutale Vorwärtsmaschinen - die Japaner wollten hingegen mehr: den leichtfüßigen, berechenbaren Performance-Allrounder, in dem sich selbst Ayrton Sennas Hausmädchen auf der Start-Ziel-Geraden den Lippenstift nachziehen konnte. Apropos Senna: Der Formel-1-Superstar, der in jenen Tagen mit McLaren-Honda die Konkurrenz nach Belieben bügelte, gab den NSX-Cheftester.

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Es konnte also nichts schiefgehen. Es ging leider sehr schief. Honda hatte vergessen, Captain Future eine Persönlichkeit mitzugeben. Das Spannende, Irrationale, die Essenz des Sportwagenfahrens, war auf dem Weg zum totalen Fortschritt verlorengegangen. Optisch erinnerte der Zweisitzer an einen futuristisch angehauchten, insgesamt aber verbravten Ferrari. Aseptisch war auch der bloß zweckmäßige Innenraum.

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Abseits davon konnte der NSX auch beim Autoquartett nicht wirklich überzeugen: Mit einer Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 5,7 Sekunden blieb er hinter Porsche 911 Turbo, Ferrari Testarossa oder Corvette C4 zurück. Das Fahrwerk war zu weich abgestimmt, der aufwendige Leichtbau schlug sich nicht im Gesamtgewicht nieder: 1400 Kilo. Das war bestenfalls klassenüblich. Dafür war der Preis selbstbewusst: 1,1 Millionen Schilling für ein Auto, das doch nur ein Japaner war.

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Nach anfänglichen Verkaufserfolgen versandete der Absatz rasch. Gerade 18.000 Stück des bis 2005 gebauten und mehrfach verbesserten Hoffnungsträgers kamen unters Volk, die meisten in den USA, wo die Flunder unter der Marke Acura auflief. Für Honda war der NSX eine herbe Niederlage - und ein finanzieller Flop: Mehrere Zehntausend Dollar mussten die Japaner pro verkauftem NSX zuschießen.

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Was blieb, war der Status eines Geheimtipps für Auskenner und der Mythos eines zu Unrecht Gescheiterten, der dank markanter Kinoeinsätze (Pulp Fiction!) konserviert wurde. 25 Jahre nach dem Erstversuch gilt es also, das Comeback einer sogenannten Legende anzuzeigen.

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Honda hat gelernt, hat der 2015er-Ausgabe auf 4,5 Metern Länge ein zwingendes Design und allerlei technische Spezialitäten mitgegeben: V6-Mittelmotor plus E-Motor für die Hinterräder, jeweils ein E-Motor für die Vorderräder. Gesamtleistung, so weit bekannt: 550 PS.

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Dazu unzählige Verstellmöglichkeiten für Fahrwerk, Getriebe, Motorenansprechverhalten. 2016 startet Honda seinen zweiten Anlauf Richtung Supersport. (Stefan Schlögl, DER STANDARD Rondomobil, 11.4.2015)

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