Jena - Pflanzen entziehen der Luft Kohlendioxid und bauen den Kohlenstoff in Biomasse ein, mit der er in den Boden gelangen und gespeichert werden kann. Eine aktuelle Untersuchung zeigt nun erstmals, dass wie die biologische Vielfalt der Pflanzen diese Speicherung begünstigt. Demnach erhöht Artenreichtum nicht nur die Bildung pflanzlicher Biomasse, sondern steigert auch die Aktivität und genetische Vielfalt von Bodenmikroorganismen. Diese wandeln den Kohlenstoff aus Pflanzen vermehrt in organische Bodensubstanz um. Kohlenstoff wird so länger im Boden gebunden und nachhaltig der Atmosphäre entzogen, wo er ansonsten als Bestandteil von Treibhausgasen klimaschädlich wirkt.

Ökosysteme, in denen Pflanzen dominieren, spielen eine zentrale Rolle im globalen Kohlenstoff-Kreislauf: Durch Photosynthese wandeln Gräser, Bäume und andere Gewächse atmosphärisches Kohlendioxid in pflanzliche Biomasse um. Der Kohlenstoff, den sie auf diese Weise binden, gelangt dann, über Pflanzenreste oder Wurzelausscheidungen weiter in den Boden und kann dort gespeichert werden. Dass eine große Pflanzenvielfalt die Speicherung organischer Substanz im Boden fördert, belegten exemplarisch bereits frühere Studien; der Mechanismus dahinter war bisher aber unklar.

Warum Ökosysteme mit großem Artenreichtum mehr Kohlenstoff binden als solche mit wenig Spezies, untersuchte ein internationales Forscherteam um Gerd Gleixner und Markus Lange vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena auf den Versuchsflächen des "Jena Experiments". In diesem Langzeitexperiment untersuchen die Wissenschafter den Einfluss der Biodiversität unter anderem auf Stoffflüsse in der Natur. Das Forscherteam verglich nun Wiesenflächen unterschiedlicher Artenvielfalt miteinander, die über neun Jahre lang gleichen Umweltbedingungen ausgesetzt waren.

Mehr Nahrung für Mikroorganismen

Die Wissenschafter erkannten, dass artenreiche Wiesen, im Gegensatz zu artenarmen, den Mikroorganismen im Boden mehr Nahrung und Rohstoffe zur Verfügung stellen und gleichzeitig günstigere Umweltbedingungen bieten. "Diese Faktoren führten zu einer höheren genetischen Vielfalt und insbesondere zu einer gesteigerten Aktivität der mikrobiellen Gemeinschaft" sagt Lange, Erstautor der Studie.

Die erhöhte mikrobielle Aktivität führte unerwarteter Weise jedoch nicht zum Verlust Kohlenstoff-haltiger Substanz im Boden, es fand also kein verstärkter Abbau statt. Im Gegenteil, die mikrobielle Gemeinschaft fügte dem Boden mehr Kohlenstoff hinzu, weil sie mehr pflanzliche Biomasse umwandelte. "Der Stoffwechsel der Mikroorganismen scheint bei hoher Biodiversität zugunsten des Stoffaufbaus verschoben zu sein" interpretiert Lange den Befund.

Langfristig gespeichert

Hinzu kommt, dass dieser "mikrobielle" Kohlenstoff länger im Boden gespeichert wird, wie sowohl die Altersbestimmung der Kohlenstoffmoleküle im Boden anhand natürlicher Isotope als auch die Modellierung des Kohlenstoffflusses ergaben. Die Studie zeigt damit erstmalig, dass eine hohe Pflanzen-Diversität zu einer längerfristigen Kohlenstoffspeicherung im Boden führt, weil sie eine vielfältigere Zusammensetzung und größere Aktivität der mikrobiellen Gemeinschaft zur Folge hat.

Global betrachtet sind pflanzenreiche Ökosysteme besonders wichtig, um Kohlendioxid aus der Luft zu speichern, welches ansonsten als Treibhausgas die Erderwärmung fördert. Deren Biodiversität wird jedoch durch den Klimawandel und die zunehmende Nutzung der Landflächen stetig verringert, bis hin zum globalen Rückgang und dem Verlust von Arten. "Unsere Erkenntnisse unterstreichen daher einmal mehr die Bedeutung der Biodiversität für wichtige Ökosystemfunktionen wie die Kohlenstoffspeicherung." sagt Gleixner, Leiter der Studie. "Der Erhalt einer hohen biologischen Vielfalt wirkt letztlich der zunehmenden Anreicherung des Treibhausgases Kohlendioxid in der Atmosphäre, und somit dem Klimawandel, nachhaltig entgegen." (red, derStandard.at, 7.4.2015)