Für den Fototermin verwandelte der Designer Rainer Mutsch seine neue Leuchte "Turbina" aus Stahlblech in eine Trockenhaube, wie man sie vom Friseur kennt.

Foto: Christian Benesch

Eigentlich war das Projekt "Turbina" schon fast gestorben, die Leuchte wäre in der Produktion einfach zu teuer gekommen. Nun habe ich doch eine Lösung gefunden, sie wird also produziert. Von wem, darf ich noch nicht verraten. Es handelt sich um eine österreichische Firma.

"Turbina" liegt die Idee zugrunde, eine Leuchte aus drei identischen Teilen zu schaffen. Es geht darum, Materie von A nach B zu transportieren, so wie dies eine Turbine macht. In diesem Fall handelt es sich allerdings um Licht. Die eine Turbinenschale reflektiert das Licht auf die andere, ehe es durch die Lamellen wieder austritt. Hängt man eine Leuchte über einen Esstisch, ist es wichtig, dass das Ziel, also der Tisch, gut weich ausgeleuchtet wird.

Kein konktreter Auftrag

Auch die Menschen am Tisch sollen gut aussehen und keinesfalls geblendet werden. Das gelingt durch Reflexion. Insgesamt arbeite ich inzwischen bereits zweieinhalb Jahre an "Turbina". Wir reden bei diesem Projekt von Autorendesign. Das heißt, man plant ein Objekt, ohne dafür einen konkreten Auftrag erhalten zu haben. Ich würde sagen, das gilt für 40 Prozent meiner Entwürfe.

Was das Material betrifft, fiel die Entscheidung auf flache Stahlbleche. Ich mag diesen Charakter des Einfachen und freue mich, wenn die Benützer ein Objekt auch wirklich verstehen.

Im Gegensatz zu einem Tisch oder einem Bett kommt bei einer Leuchte ein immaterieller Faktor zum Tragen, nämlich das Licht. Klar kann eine Leuchte etwas Skulpturales sein und etwas über ihren Herstellungsprozess verraten, ihre eigentliche Funktionalität liegt aber vielleicht drei Meter von ihr entfernt. Das macht einen Leuchtenentwurf besonders spannend.

Dinge wie Haptik spielen eine eher untergeordnete Rolle, wobei mir wichtig ist, dass sich auch eine Lampe gut anfühlt. Schließlich muss die auch hin und wieder geputzt werden. Ein Sessel ist zweifelsohne eine große Herausforderung, aber ich könnte jetzt nicht sagen, was schwieriger zu entwerfen ist.

DNA-Analyse

Bei all meinen Projekten steht die Wahl des Materials im Vordergrund. Design wird innovativ, wenn es sich im Zusammenhang mit materialtechnischen Neuerungen entwickelt. Dort liegt der Fokus. Deshalb schaue ich mir die Unternehmen, mit welchen ich zusammenarbeite, sehr genau an. Einer der schönsten Momente ist, durch Produktionshallen zu gehen und die DNA einer Firma herauszufiltern. Jedes Unternehmen hat seine Besonderheit, die auch inspiriert. Das gilt für die Neue Wiener Werkstätte ebenso wie für Swarovski oder Eternit, in Falle von Blech liegt mir Molto Luce sehr nahe.

Ich weiß nicht, was Design nicht sein darf. Ich weiß nur, was es sein muss: authentisch. Mir ist klar, das klingt nach Marketing- Blabla. Lassen Sie es mich so sagen: Es geht darum, dass der Designer einem Unternehmen nichts überstülpen darf, das der Endkunde dann ausbaden muss. Im besten Fall spürt man ein gutes Produkt. Man sollte keine akademische Vorbildung brauchen, um Design beurteilen zu können. Der Zugang bleibt ein subjektiver. Klar kann man die Welt des Designs sehr hochstehend theoretisieren, aber am Ende des Tages handelt es sich um Gebrauchsgegenstände - am Anfang des Tages natürlich auch. (Michael Hausenblas, Rondo, DER STANDARD, 10.4.2015)