Wien - Stampfend und klatschend ziehen die Juniortänzer über die Bühne des Dschungel Wien. Es ist Breakdancebattle. Doch Mox' Vorführung will nicht so recht klappen. "Tanz oder geh nach Hause", spotten seine Freunde und ziehen ihm den Tanzboden unter den Füßen weg. Auch daheim läuft es nicht rund, liebevoll oder nicht: Eltern-Kind-Konflikte zehren.

Entgegen allem Gerede vom unbeschwerten Paradies Kindheit ist Kindsein kein Zuckerschlecken! Dessen nahm sich Maurice Sendak in Wo die wilden Kerle wohnen schon 1963 an, als die Luft noch sauber und die Straße ein Platz zum Spielen war. "Unbestreitbar ist, dass Furcht und Sorge feste Bestandteile ihres Alltagslebens sind, ihre Fantasie ist es, die Kinder zur Katharsis befähigt", erklärte der Autor und Illustrator.

Welche Freiräume haben Kinder heute zwischen Fernsehen und Computerspielen, um mit den täglichen Herausforderungen umzugehen? Das hat sich Bert Gstettner gefragt und den Stoff zur Grundlage von Wild*Things gemacht. In Kinderzimmertapetenatmosphäre nehmen zwei Profi- und sechs Jungtänzer das Publikum mit auf eine entlastende Reise, die aus Mox' Schlafzimmer hinüber zu den wilden Kerlen führt.

Einfallsreich erzählt die Performance aus Tanz, Gesang und Wortwitz vom Aufeinandertreffen des Buben mit den ausgelassenen Tiermischlingen ("Ich bin ein Nashornkrokodildrachen"). Livemusik (Igor Gross) treibt das Spiel zwischen Neugierde und Furcht mit Nachdruck voran. Augenzwinkernd werden auch Geschlechterbilder und Machthunger als Themen angerissen.

Bei alldem präsentieren sich die jungen Darsteller mit einer Lässigkeit, an der sich Große ein Beispiel nehmen können. Das ist Kindertheater im besten Sinn: Ausgehend von der Lebenswelt des jungen Publikums eröffnet es neue Welten, begegnet ihm dabei ganz ohne Zeigefinger und ist trotzdem lehrreich, macht es staunen und nimmt es dennoch ernst. (Michael Wurmitzer, DER STANDARD, 4.4.2015)