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Little Foots Kopf neben dem seines Entdeckers Ron Clark. Neueste Analysen machen den Australopithecus zum Zeitgenossen von Lucy.

Foto: REUTERS/Wits University

London/Wien - Es war eine Entdeckung auf Raten. Bereits 1980 waren vier seiner Fußgelenkknochen zwischen zahlreichen anderen Säugetierknochen in der Höhle von Sterkfontein gefunden worden. Doch erst vor genau 20 Jahren unterzog man die Fossilien einer genaueren Analyse und kam zu einem spektakulären Ergebnis: Die Knochen gehörten zu einem Australopithecus, und da man zunächst nur die kleinen Fußknochen hatte, wurde der Fund "Little Foot" getauft.

Als man dann 1997 nach weiteren Überresten grub, bahnte sich eine Sensation an: Paläontologen entdeckten im Kalkstein der Höhle zahlreiche weitere Knochen. Bald zeichnete sich ab, dass seine Überreste noch vollständiger erhalten und zudem älter sein könnten als die von Lucy - also jener Vertreterin der Art Australopithecus afarensis, die 1974 in Äthiopien entdeckt worden war und deren Alter auf drei bis 3,7 Millionen Jahre geschätzt wird.

Doch bald entbrannte über das Alter von Little Foot, dem südafrikanischen Verwandten Lucys, eine heftige Debatte - unter den nicht allzu harmoniebedürftigen Paläoanthropologen eher die Regel als die Ausnahme. Der Streit hatte freilich auch einen ganz handfesten Hintergrund: In Ostafrika erlaubt Vulkangestein eine relativ zuverlässige Datierung der Funde - und also auch von Lucy.

Schwierige Altersdatierung

Doch für die mittlerweile zahlreichen Funde in der Karsthöhle Sterkfontein, die längst zum Weltnaturerbe der Unesco zählt, ist die Altersbestimmung viel schwieriger. Verschiedene Datierungsmethoden kamen bei Little Foot zu sehr unterschiedlichen Resultaten, die grob von etwa vier Millionen Jahren (bei den ersten Beschreibungen) bis zu 2,2 Millionen Jahren (bei der bisher letzten Datierung im Jahr 2006) reichten.

Das macht für die Bedeutung des Funds einen wesentlichen Unterschied: Sollte Little Foot nur etwas mehr als zwei Millionen Jahre alt sein, wäre dieser deutlich anders gebaute Australopithecus prometheus bloß ein Nachfolger von Lucy und kein möglicher Zeitgenosse, der für die Diversität der menschlichen Vorfahren stünde.

Ein Team um Darryl Granger von der Purdue University hat nun das Umgebungsgestein von Little Foot mit einer neuen Methode analysiert, die man auf Deutsch als Überdeckungsdatierung bezeichnen könnte. Dabei misst man bestimmte Isotope im Quarz, die sich unter dem Einfluss kosmischer Strahlung an der Erdoberfläche bilden, aber zerfallen, sobald das Material verdeckt wird.

Auf diese Weise ermittelten Granger und sein Team ein Alter von 3,67 Millionen Jahren, wie sie im Fachblatt "Nature" berichten. Das würde Little Foot zu einem Zeitgenossen von Lucy machen und "spannende Fragen über die Vielfalt früher Hominiden und über ihre Beziehungen aufwerfen", so Granger und seine Kollegen. Sicher scheint unabhängigen Fachkollegen in ersten Reaktionen aber nur eines: Der Streit um das Alter von Little Foot geht damit in die nächste Runde. (Klaus Taschwer, DER STANDARD, 3.4.2015)