Wien - "Glücklich ist, wer vergisst", wird in der Fledermaus geträllert. So gesehen muss Samuele G. ein ziemlich glücklicher Mensch sein - hat er doch mehrmals vergessen, seine Schulden zu begleichen. Weshalb er nun mit einer Anklage wegen gewerbsmäßigen schweren Betrugs vor Richter Herwig Handsur sitzt.

14 Jahre lang sei er Profifußballer gewesen, erklärt der 34-Jährige dem Richter. Wohl eher auf dem Niveau der heimischen Bundesliga: Zwei Jahre spielte er in der zweiten italienischen Klasse, dann bei Unterligavereinen. Nach dem Karriereende sattelte er um und wurde Pokerprofi. Laut einem Szene-Insider ebenso mit mäßigem Erfolg: G.s Karrieregewinn beläuft sich bisher auf rund 7000 Euro, ein bedeutendes Turnier hat er noch nie gewonnen.

Auf der Tour, wie er es nennt, ist er dennoch. Er tingelt durch Europa, um an Turnieren, wo bis zu 5000 Euro Startgeld nötig sind, teilzunehmen und auf ein gutes Blatt zu hoffen. Von Dezember bis Februar war er in Wien. Und soll in der Zeit vier Hotels und drei Privatpersonen um mehrere Tausend Euro geprellt haben.

Kein Vorsatz, Hoffnung auf Gewinn

Faktisch bekennt er sich schuldig: "Ich hatte vor, zu bezahlen, habe auch Geld gewonnen." Dummerweise kam immer etwas dazwischen, wie er beteuert. Aber den Vorsatz, zu betrügen, habe er nie gehabt. Schließlich sei er in den Hotels schon früher abgestiegen und habe seinen richtigen Namen angegeben.

In einem Fall sei das mit dem Kartenkasino kooperierende Hotel geschlossen gewesen, er habe daher einem Kasinomitarbeiter die Nächtigungsgutscheine übergeben. Der hat kürzlich angekündigt, die Rechnung zu begleichen. In einem anderen Fall sei sein Gepäck am Flughafen hängengeblieben. Im dritten gab er zunächst vor, im verschneiten Salzburg hängengeblieben zu sein, zahlte aber, bevor er von der Anzeige erfuhr.

Bei den Zufallsbekanntschaften war es anders: Der in Italien einschlägig Vorbestrafte nannte Aliasnamen und versprach Diverses. Einen Job, geteilten Gewinn aus todsicheren Wetten, Geld von Freunden, die bei ihm Schulden hatten. Bei seiner Festnahme hatte er noch 17 Euro Bargeld und weder Bankomat- noch Kreditkarte bei sich. Letztere sei eine Prepaidkarte gewesen, die der Automat geschluckt habe, beteuert er.

Geld von dritter Seite

Bei manchen muss er noch kreditwürdig sein: Über 4000 Euro zahlt er den Opfern im Saal zurück, Geld von dritter Seite, sagt sein Verteidiger.

Richter Handsur glaubt G. teilweise. Die Loch-auf-Loch-zu-Politik sei unter Spielern anscheinend üblich, daher hatte er in den Hotels keinen Vorsatz. Also bleibt nur gewerbsmäßiger Betrug um 950 Euro an den Privatpersonen. Das nicht rechtskräftige Urteil: sieben Monate, zwei unbedingt. (Michael Möseneder, DER STANDARD, 3.4.2015)